Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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1. September 1971 Auftakt für Bafög

Studieren will man schon, aber trotz diverserer Nebenjobs geht es sich finanziell hinten und vorne nicht aus. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz, BAföG, soll für Chancengleichheit sorgen – leider braucht man für das Ausfüllen des Antrags nahezu ein eigenes Studium. Autor: Martin Trauner

Stand: 01.09.2021 | Archiv

01 September

Mittwoch, 01. September 2021

Autor(in): Martin Trauner

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Schon bei der Frage: "Höhe des Barvermögens (Bargeld)?" müsste man eigentlich scheitern, wenn man wirklich ehrlich darauf antworten möchte: Mal kurz in den Geldbeutel geschaut: 42 Euro und 73 Cent. Aber: in der Hosentasche sind ja auch noch ein paar Münzen. Und in der Handyhülle steckt auch noch ein Zehner. – Aber halt mal: wer stellt eigentlich so eine erratische Frage? – Natürlich ein Antragsformular. Der Antrag auf "BAföG" –

"BAföG" – ein Akronym

Als unter der Regierung Willy Brandt am 1. September 1971 das "Bundesausbildungsförderungsgesetz", kurz "BAföG" in Kraft trat, war man zuversichtlich. "Chancengleichheit" hieß das Zauberwort: Zitat aus dem Gesetz: "Der soziale Rechtsstaat, der soziale Unterschiede durch eine differenzierte Sozialordnung auszugleichen hat, ist verpflichtet, durch Gewährung individueller Ausbildungsförderung auf eine berufliche Chancengleichheit hinzuwirken" -  das heißt: Schüler und Studenten aus ärmeren Haushalten sollten gefördert werden, damit auch sie in den Genuss eines höheren Abschlusses kommen könnten. Und das mit einem Zuschuss aus dem Staatssäckel. Die – damals - sehr bescheidenen Kosten für ein Studentenleben berechnete das Deutsche Studentenwerk.

Erratisch

Alles gut also. Es war zwar nicht viel Geld, aber bei der Einführung des BAföGs bekam immerhin beinahe die Hälfte der Studierenden die damals sogenannte "Staatsknete". Als aber wenige Jahre später die "Babyboomer", also die geburtenstarken Jahrgänge, an die Unis drängten, wurde das Bafög wieder zum Politikum. Zu teuer. Zu viele Empfänger.

Und so beschloss man, aus dem Zuschuss ein Darlehen zu machen. Immerhin: das Darlehen musste ohne Zinsen zurückgezahlt werden.

Die Geschichte des BAföGs ist eine hoch komplizierte Sache. Mal ist das BAföG ein Zuschuss – mal ein Darlehen. Mal ist es halb Zuschuss und halb Darlehen - Wann muss man was in welcher Höhe zurückzahlen? - Und überhaupt: Welche Buchstaben schreibt man in diesem Akronym "BAföG" groß oder klein, das bleibt seit 1971 ein Geheimnis. Und noch schwieriger wird es bei den BAföG-Änderungsgesetzen. Kurz: "BAföGÄndG" - Mittlerweile sind es 26. Wer kriegt jetzt wann was und wie viel und unter welchen Umständen und welche Buchstaben schreibt man groß oder klein? Und überhaupt: was hat das alles mit meinem Geldbeutel zu tun?

Nun. Selbst für angehende Juristen, Medizinerinnen und Mediävisten war es immer ein Enigma, einen BAföG-Antrag auszufüllen. Aber immerhin: Durch ihr Studium kannten sie die Worte "Enigma" und "Akronym" oder auch "Kafkaesk" -  Denn manche Zeitgenossen bezeichnen heute das Ausfüllen eines BAföG-Antrags tatsächlich als "Kafkaesk". - Aber es gibt freilich auch viele Erfolgsgeschichten der BAföG-Förderung: Studierende, die mit Hilfe von BAföG Karriere gemacht haben. - Zumindest suchte das Bundesbildungsministerium solche per Internetaufruf, zum 50-jährigen Jubiläum des Bafögs im Jahr 2021. Eine Erfolgsgeschichte ist aber auch: Viele bekamen tatsächlich BAföG-Unterstützung. Trotz der Widrigkeiten des Antrags…


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