Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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2. Oktober 1904 Aufruf an das Volk der Herero

Im 1904 erhob sich das einheimische Hirtenvolk der Herero gegen die deutsche Kolonialmacht. Denn Siedler und Verwaltung raubten den Herero in "Deutsch-Südwestafrika" das überlebensnotwendige Weideland. Die deutsche Antwort auf den Aufstand war ein brutaler Genozid: Es starben etwa 65.000 Herero. Autor: Thomas Grasberger

Published at: 2-10-2024 | Archiv

02.10.1904: Aufruf an das Volk der Herero

02 Oktober

Mittwoch, 02. Oktober 2024

Autor(in): Thomas Grasberger

Sprecher(in): Christian Baumann

Redaktion: Frank Halbach

Das Adjektiv "dunkel" hat im Deutschen mehrere Bedeutungen. Es kann sich auf Farbtöne beziehen, auf tiefe Klänge und Vokale, oder auf Stimmungen. In der Vergangenheit wurde "dunkel" auch oft im Zusammenhang mit Afrika verwendet. Nicht nur, weil dieser Kontinent aus europäischer Sicht lange Zeit unbekanntes Territorium war – unerforscht, unsicher und irgendwie zwielichtig. Obwohl sich gerade in Fragen des Lichts die Regionen Afrikas wirklich nicht verstecken müssen. Im Gegenteil: Deutschland ist dunkel, was die Sonnenscheindauer angeht. Aber darum ging es natürlich nicht: Es war die Hautfarbe der Afrikaner, die in europäischen Augen dunkel erschien und zur Bezeichnung "Schwarzer Kontinent" animierte. Was natürlich Blödsinn ist, weil die Vielfalt an Hautfarben in Afrika so groß ist wie die an Sprachen, Volksgruppen und Religionen. Aber so genau wollte es der "weiße Mann" in Europa meist gar nicht wissen. Für ihn waren diese Afrikaner doch irgendwie alle gleich – dunkel eben. Womit eine weitere Bedeutung des Begriffs ins Spiel kommt: Dunkel im Sinne von unerfreulich, trostlos, abgründig und düster. Oder anders gesagt, die dunkle Geschichte des europäischen Rassismus und Kolonialismus, zu der auch Deutschland erheblich beigetragen hat.

Unter deutscher Kolonialherrschaft

Zum Beispiel auf dem Territorium des heutigen Namibia. Dort wurde 1884 das sogenannte "Schutzgebiet" Deutsch-Südwestafrika errichtet. 15.000 weiße Siedler ließen sich dort bis 1914 nieder, darunter 12.000 Deutsche. Die einheimischen Nama und Herero aber waren fortan Menschen zweiter Klasse – entrechtet, unterdrückt und vertrieben von der deutschen Kolonialverwaltung. Für die Herero, die als Halbnomaden hauptsächlich von der Rinderzucht lebten, wurde dieser Landraub zu einer Frage des Überlebens.

Und so wehrten sie sich, begannen im Januar 1904 einen Aufstand gegen die Unterdrücker. Das Deutsche Reich verstärkte daraufhin seine kaiserlichen Schutztruppen und schickte einen Kommandeur, der sich durch besondere Härte und Skrupellosigkeit auszeichnete: Generalleutnant Lothar von Trotha bekämpfte die Herero mit schweren Artilleriegeschützen, ließ sie in die Wüste treiben und umzingeln; wohl wissend, dass das für die Allermeisten den sicheren Tod durch Verhungern und Verdursten bedeutete.

Der erste Völkermord im 20. Jahrhundert

Am 2. Oktober 1904 sandte Lothar von Trotha seinen berüchtigten "Aufruf an das Volk der Herero": "Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück oder lasse auf sie schießen." Dieser sogenannte Aufruf war in Wahrheit ein Vernichtungsbefehl – und der Startschuss zu einem Völkermord! An die 60.000 Herero und 10.000 Nama wurden Opfer dieses ersten Genozids im 20. Jahrhundert. Begangen wurde er von Deutschen. Und das mörderische Treiben in Afrika war erst der Auftakt zu den dunkelsten Kapiteln deutscher Geschichte. Auf die kaiserlichen folgten bald schon die nationalsozialistischen Genozide an Juden, Sinti, Roma und vielen, vielen anderen Menschen.


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