Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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30. Juli 1751 Anna Maria Mozart geboren

Anna Maria "Nannerl" Mozart war eine begabte Pianistin, die gemeinsam mit dem berühmten Bruder Wolfgang ,schon als 11-jährige am Wiener Hof auftrat. Als Erwachsene war es vorbei mit der Karriere, sie musste erst dem Vater, dann dem ungeliebten Ehemann den Haushalt führen.

Stand: 30.07.2012 | Archiv

30 Juli

Montag, 30. Juli 2012

Autor(in): Susanne Tölke

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Brigitte Reimer

Dieses Werk bitte ich Sie wie ein Kleinod zu verwahren und es keinem Menschen zu spielen zu geben. Ich habe es besonders für mich gemacht und kein Mensch als meine liebe Schwester darf es mir nachspielen.

Mit diesen Worten schickte Mozart das soeben fertig gestellte Konzertrondo nach Salzburg, und der Wunsch, niemand anderer als das "Nannerl" solle es spielen, zeigt schon, welch inniges Verhältnis der Komponist zu seiner älteren Schwester hatte - und welchen Respekt er ihrem pianistischen Vermögen zollte. Leider half das nicht viel, denn Maria Anna - geboren am 30. Juli 1751 - wurde nach allen Regeln des Patriarchats zu einer operfreudigen und farblosen Frau abgerichtet. Dabei hatte es so vielversprechend angefangen: Schon 1762, Nannerl war elf und Wolfgang sechs Jahre alt, traten die beiden am kaiserlichen Hof in Wien auf. Maria Theresia war so begeistert, dass sie dem Nannerl ein perlenbesticktes weißes Galakleid schenkte, und Vater Leopold Mozart fühlte sich durch den Erfolg so ermutigt, dass er die nächsten Höfe Europas ansteuerte: Paris und London.

Der musikverständige Sekretär des Herzogs von Orleans zeigte sich besonders beeindruckt: "Die Elfjährige spielt das Klavier auf brillante Manier, mit einer erstaunlichen Präzision führt sie die größten und schwersten Stücke aus." Die Pompadour nickte huldvoll, aber auf den Gedanken, der kleinen Dame ein Galakleid zu schenken, wäre sie wohl nicht im Traum gekommen. Dafür fiel der Empfang in London umso herzlicher aus, denn König Georg III. liebte die Musik und hielt sich ein eigenes Privatorchester, und seine Frau Charlotte dürfte die einzige englische Königin gewesen sein, die gut und leidenschaftlich gerne Klavier spielte.

Kurzum, das Nannerl durfte vor den höchsten Herrschaften auftreten, bekam Brüsseler Spitzen vom Erzbischof und Marzipan vom Dauphin und erntete obendrein nichts als begeisterte Kritiken. Sieben Jahre lang durfte sie in königlicher und kaiserlicher Anerkennung schwelgen, bis sie kein Wunderkind mehr war, sondern eine erwachsene junge Frau. Von nun an ließ der Vater sie daheim und ging nur noch mit dem Sohn auf Reisen. Eine Laufbahn als Pianistin wurde nicht erwogen, Punktum! Die verschiedenen Heiratskandidaten fanden leider auch nicht Leopolds Zustimmung, seiner Meinung nach verdienten sie alle zu wenig. Selbst Franz Diepold, der Hofmeister der Pagen und Edelknaben, den Nannerl von Herzen liebte, wurde vom Vater abgewiesen.

So blieb sie denn daheim, versorgte nach dem Tod der Mutter den väterlichen Haushalt und verdiente als Klavierlehrerin allerhand dazu. Als sie 34 war, ein uraltes Mädchen für jene Zeit, kam noch einmal einer, der sie haben wollte: ein Witwer, der eine Mutter für seine fünf Kinder suchte. Diesmal war genug Geld im Hintergrund, diesmal sagte Vater Leopold Ja. Aber schon das Kind, das Nannerl zur Welt bringt, beansprucht der einsame Alte für sich. Sie habe doch mit den fünf ungezogenen Rangen genug zu tun, da sei es doch gescheiter, wenn er, der Großvater, das Enkerl zu sich nehme! Die Tochter gehorcht - sie lässt das eigene Kind, den ersten eigenen Besitz, beim Vater und kehrt zu einem ungeliebten Ehemann und fünf verwöhnten kleinen Teufeln zurück.

Dass sie die Schwester des Wolfgang Amadeus war, geriet darüber ein bisschen in Vergessenheit. Erst Jahre nach Mozarts Tod sprach der Musikverleger Gottfried Christoph Härtel bei Nannerl vor. Er hatte feststellen müssen, dass Mozarts Witwe Konstanze das hinterlassene Requiem den verschiedensten Interessenten verkauft hatte - jeweils mit der Zusicherung, der Verkauf sei ganz exklusiv. Dass Konstanze die Fragmente des Requiems von einem Herrn Süßmayer hatte zu einer angeblichen Mozart-Messe zusammenschustern lassen, entzog sich seiner Kenntnis, aber was er wusste, genügte ihm schon - diese Witwe Mozart war seiner Meinung nach ein ganz verlogenes und geschäftstüchtiges Luder.

Vielleicht besaß ja die Schwester noch Manuskripte? Aber nein - das Nannerl besaß nichts, außer jenem Rondo, das der Bruder für sie reserviert hatte.


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