Bayern 2 - Das Kalenderblatt


2

29. August 1787 Schillers "Don Carlos" uraufgeführt

Es war riskant für Friedrich Schiller, seinem despotischen Landesherren zu entfliehen, um als freier Dichter zu leben. Freunde halfen - ein Reflex davon findet sich auch in seinem "Don Carlos", uraufgeführt am 29. August 1787.

Stand: 29.08.2012 | Archiv

29 August

Mittwoch, 29. August 2012

Autor(in): Gabriele Bondy

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Redaktion: Thomas Morawetz

Äußerlich blieb er gelassen, innerlich aber war er am Boden zerstört: Heribert von Dalberg, Intendant des Mannheimer Theaters, hatte Schillers Bitte um einen Vorschuss für sein zweites Stück - "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua" - nicht erfüllt, obwohl sein erstes - "Die Räuber" - ein durchschlagender Erfolg gewesen war.

Aufmüpfiges Schreiben und Schulden

Die Schulden häufen sich. Und Schillers Vater schafft es aufopferungsvoll, wenigstens die Zinsen zu berappen. Wäre sein Sohn doch nur Regimentsmedicus bei Carl Eugen, dem Herzog von Württemberg, geblieben, vor dem er nun auf der Flucht ist, weil er sein aufmüpfiges Schreiben nicht lassen will.

Doch bald scheint es Schiller ratsam, sich noch weiter weg von Carl Eugens Einflussbereich zu begeben. In dem meist ungenutzten thüringischen Gutshof einer mütterlichen Freundin findet er Zuflucht. Die "Idylle von Bauerbach" bietet ideale Lebens-und Schaffensbedingungen. Meist arbeitet er an verschiedenen  Projekten. Und die gedeihen prächtig, wenn er sie mit Freunden besprechen kann. Momentan ist er mit "Fiesco", "Kabale und Liebe" und auch mit "Don Carlos" beschäftigt. Dem Bibliothekar Reinwald schreibt er:

"Der Dichter muss weniger der Maler seines Helden - er muss mehr dessen Mädchen, dessen Busenfreund sein. Nun eine kleine Anwendung auf meinen Carlos. Ich muss Ihnen gestehen, dass ich ihn gewissermaßen statt meines Mädchens habe ..."

Doch zunächst wird er sein bürgerliches Drama "Kabale und Liebe" vorantreiben. Dafür hat Intendant Dalberg mehr Interesse gezeigt als für den republikanischen "Fiesco". Er gibt Schiller einen Jahresvertrag als Hausautor und Dramaturg. Verlängern wird er ihn freilich nicht. Doch bevor der Dichter in Melancholie und Selbstmordgedanken versinkt, erinnert er sich an den bislang unbeantworteten Brief Christian Gottfried Körners und seiner Freunde.

Der vorzüglich gebildete, aus wohlhabenden Hause stammende Bewunderer des "Räuber"-Dichters bietet Schiller an, ihn für mindestens ein Jahr jeglicher finanzieller Sorgen zu entheben. Schiller wird fast zwei Jahre in Dresden bleiben. Eine unbeschwerte, gesellige und kreative Zeit. In Körners Zimmerchen im Weinberg, "aufgehoben wie im Himmel" - in Wirklichkeit aber zwischen Waschküche und Kuhstall - gelingt ihm nicht nur die unsterblichkeitstaugliche "Ode an die Freude", sondern auch die Vollendung seines Dramas "Don Carlos":

"Die Wäsche klatscht vor meiner Tür,/ es scharrt die Küchenzofe- / und mich - mich ruft das Flügeltier / nach König Philipps Hofe."

Freundschaft und gesicherte Zukunft

Am 29. August 1787 wird "Don Carlos" in Hamburg uraufgeführt. In diesem Stück hat  Schiller die Leitmotive seiner vorangegangen Dramen aufgegriffen: Die Vater-Sohn-Beziehung aus den "Räubern" und "Kabale und Liebe", den Kampf gegen Tyrannei und Despotismus und für die  Ideen der Freiheit im "Fiesco". Neu ist im "Don Carlos" allerdings das Motiv der Freundschaft, die über die privat-menschliche hinaus auch eine  politische Bedeutung erhält.

Fünf Jahre hat sich Schiller mit dem "Don Carlos" befasst. Das Dichterhandwerk bringt kaum etwas ein. Nun ist er auf der Suche nach einer Anstellung. In Weimar regiert kein tyrannischer, sondern ein aufgeklärter Herzog. Dem hatte er einst den ersten Akt des „Don Carlos“  vorgelesen. Der ihm daraufhin verliehene - unbesoldete - Weimarer Ratstitel war ihm bislang wie die Verheißung einer gesicherten Zukunft erschienen.  Also auf, nach Ilm-Athen.


2