Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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27. Februar 1900 Gründung des FC Bayern

Aus den elf Separatisten von 1900 wurde mittlerweile der mitgliederstärkste Sportverein der Welt und der deutsche Fußballrekordmeister. Autor: Thomas Grasberger

Stand: 27.02.2017 | Archiv

27 Februar

Montag, 27. Februar 2017

Autor(in): Thomas Grasberger

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Objektivität ist ein hohes Ziel. Auch und gerade für Journalisten. Sie lässt sich zwar nicht immer ganz erreichen. Aber man sollte es zumindest versuchen. Schon aus Gründen der Fairness. Quasi wie im Sport!

Eine Frage der Objektivität

Nehmen wir folgendes Beispiel. Ein Journalist, der selbst – sagen wir einmal - bekennender Fan des TSV 1860 München ist - na ja, auch Journalisten haben manchmal kleine Schwächen - dieser Mann also soll ein Kalenderblatt schreiben. Und zwar über die Gründung eines anderen Münchner Fußballvereins. Eines nicht ganz so traditionsreichen zwar. Aber immerhin: Ein Verein ist es auch. Irgendwie. Vielleicht.

Selbstverständlich wird unser Autor seine Arbeit gewissenhaft erledigen, er wird sorgfältig recherchieren und die Fakten sauber in Reihe bringen. Kurzum, er sorgt sich um Objek… Objek...tivi… Naja, jedenfalls schreibt er das Kalenderblatt. Auch wenn es darin nicht um seinen Lieblingsverein geht.

Er wird erzählen, wie das damals war…. am 27. Februar des Jahres 1900. Als es bei einer Versammlung des MTV München im Gasthaus "Bäckerhöfl" zum Streit kam. Es ging um die Frage, wie es mit dem Fußball im Verein weitergehen soll. Am Ende der Sitzung einigte man sich darauf, dass man sich nicht einigt - sondern trennt. Um 21 Uhr 30 zogen elf separatistisch gestimmte Männer in das Schwabinger Weinhaus "Gisela" um und gründeten noch am selben Abend einen neuen Club. Den …. FC Bay…. Ach, Mensch, ausgerechnet jetzt versagt die Stimme. Naja egal.

Unser Journalist wird trotzdem sauber weiter berichten. Dass die Neuen als Vereinsfarben zunächst Blau-Weiß wählten. Und erst sechs Jahre später die Farbe Rot für ihre Hosen bekamen. Und dass sie schon damals als "Protzen-Club" und elitärer Haufen verschrien waren. Weil bei ihnen vor allem Studenten, Selbstständige und Kaufleute spielten. Darunter viele "Preußen", also Berliner, Sachsen, Kölner, ja sogar Holländer! Einen Sponsor hatten sie damals natürlich auch schon. Und sogar Eintritt haben sie verlangt, diese Neureichen.

Seriös und fair!

Unser Autor tippt also so dahin, und plötzlich, mitten unterm Schreiben, da entgleitet ihm die Feder. Oder besser gesagt die Computertastatur, auf die er nun wie im sanften Wahn einzuhacken beginnt. Plötzlich stehen auf dem Bildschirm ganz andere Buchstaben als beabsichtigt. Buchstaben, wie von Geisterhand verfasst:

"Mit Leib und Seele/ aus voller Kehle/ in den Farben weiß und blau/ Ja das ist Münchens große Liebe!/ Stolz von Giesing!/ TSV!"

Und plötzlich springt er auf, unser Journalist, aus seinem Bürostuhl. Und schreit: "Ja, genau! So geht ein Kalenderblatt! Weil dahoam samma ned irgendwo in da Seitenstraß. Na, dahoam samma an der Grünwalderstraß! Host mi!"

Aber unser Autor wird sich natürlich sofort wieder beruhigen und ganz seriös weiter tippen…

Nämlich dass dieses - äh, wie sagt man jetzt gleich wieder? – dieses Spaltprodukt aus dem Jahr 1900 später zu einem der erfolgreichsten Vereine Deutschlands, Europas, der Welt, ja des ganzen Universums werden sollte. Und so weiter und so fort.

Aber dann entgleiten ihm wieder die Finger und er tippt wie ein Wilder: "Radenković, Luttrop, Grosser, Küppers, Brunnenmeier, Heiß, Rebele …..Sechzig München! Deutscher Meister 1966!"

Ach ja, Fairness ist schon etwas Feines. Im Sport! Und natürlich auch beim Kalenderblattschreiben. Schließlich geht es ja um die… Objek…tivi… tivitä… tätarä…tä…tä! …Auf geht’s Löwen, schießt ein Tor…. tätaräää… tivi…tä... tä…tääää!


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