Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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26. Januar 1977 Die erste EMMA erscheint

Am 26. Januar 1977 erschien die erste Ausgabe von „EMMA“, der nach Aussage von Alice Schwarzer „weltweit einzigen unabhängigen feministischen Publikumszeitschrift“. Die bekannteste bundesdeutsche Feministin ist von Anfang an in Personalunion Verlegerin und Chefredakteurin der EMMA.

Stand: 26.01.2010 | Archiv

26 Januar

Dienstag, 26. Januar 2010

Autor(in): Brigitte Reimer

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Redaktion: Thomas Morawetz

"Während Männer nach Profil streben, streben Frauen nach Linie. Während Männer Raum einnehmen, machen Frauen sich dünne. Wie günstig. (...) Während Männer Karriere machen, machen Frauen Diäten."

So ist es, und wäre zu traurig, hätte diese treffende Analyse nicht eine verfasst, die Antworten weiß auf Diätwahn und den Kampf gegen den runden, gesunden, weiblichen Körper: Alice Schwarzer. Seit Jahrzehnten – tatsächlich, inzwischen sind es Jahrzehnte! – regt sich die deutsche Welt zu gerne auf über das, was die Schwarzer sagt, tut, oder auch nur, wie sie aussieht. Sie war – ist noch – das Hassobjekt vieler Männer. Hat sich Beschimpfungen anhören dürfen wie „frustrierte Tucke", "Nachteule", "Miss Hängetitt.“ Sie hat gelernt, damit zu leben. Scharfzüngig, beinhart, gelegentlich einschüchternd arrogant und dominant – eben eine selbstbewusste, kluge Frau, die genau hinsieht und ihre eigenen Schlüsse zieht.

Ein Thema interessiert sie besonders – der männliche Umgang mit Frauen. Von der Verachtung über den Hass, die Gewalt bis zum leisen Spott oder dem Ignorieren, ihr entgeht nichts – und sie sagt es auch, laut und verständlich. Eine Tatsache wie die Vergewaltigung in der Ehe gab es nicht, bevor die Frauenbewegung und natürlich die Schwarzer offen darüber redeten. Seit 1997 ist sie ein Straftatbestand und kann mindestens zwei bis maximal 15 Jahre Haft zur Folge haben. Ein erfolgreicher Einsatz, auf den Alice Schwarzer – natürlich – stolz ist.

„Männergewalt“ – auch das so ein Schwarzer Satz – „hat Männerhass zur Folge. Wer also Männerhass beseitigen will, muss die Gründe zum Hass abschaffen! Wer etwas gegen Männerhass hat, muss gegen Frauenunterdrückung kämpfen!“ Klingt einfacher als es ist. Aber um einfach geht es ihr nicht, sondern um richtig. Und so mischt sie sich ein. Den Anfang macht 1971 der Artikel "Ich habe abgetrieben". Im „Stern“ veröffentlicht sorgt er für Furore, ist der Beginn einer groß angelegten Kampagne gegen den § 218. Der Kampf für das Recht auf Abtreibung, ein Pornographieverbot, wie der Kampf gegen die gestörte Selbstwahrnehmung vieler Frauen – Herzensthemen.

Als Sprachrohr dient Alice Schwarzer seit dem 26. Januar 1977 die „EMMA.“ Sie ist in Personalunion Verlegerin und Chefredakteurin dieser – laut eigener Aussage – „weltweit einzigen unabhängigen feministischen Publikumszeitschrift“. Was manche Männer als Frauenkampfblatt missverstehen, ist eigentlich eine „Zeitschrift von Frauen für Frauen“, die sich der Männerpresse beherzt entgegenstellt, indem sie andere Themen aufgreift oder bekannte Themen anders darstellt. Da muss sich auch ein Literaturnobelpreisträger als “Pascha des Monats“ würdigen lassen. Reagiert er beleidigt, umso besser! Reagieren ist überhaupt immer gut. Wenn EMMA der Piratenpartei den Pascha verleiht wegen ihres geringen Frauenanteils und sich die Piraten im Netz wehleidig beklagen über die Nachbarschaft von Mit-Paschas wie dem Jazzsänger Roger Cicero, der Casting-Domina Heidi Klum oder dem Spiegel-Reporter Matthias Matussek ….

EMMA stört es nicht, und Alice schon gar nicht. Beleidigte Männer ignoriert sie erst gar nicht. Sie hat Wichtigeres zu tun. Die Welt weiblicher machen, zum Beispiel. Sie  ist nicht mit dem Bescheidenheitsgen geboren, unter dem so viele Frauen leiden. Sie kennt ihre Verdienste und benennt sie. So ist die EMMA auch Zeugnis ihrer diversen Aktionen. Alice und EMMA – sie fühlen sich jung, jung genug, um überall da mitzumischen, wo es ihnen notwendig scheint – wie beim Ziel, den weiblichen Körper zu befreien vom Druck männlicher Normen.

„Denn die Phantasie und Energie, die so viele Frauen in das kleinliche und wahrhaft unwürdige Kalorienzählen investieren, wären frei, stände frau zu ihrem runden, gesunden Körper. Frei zum Leben. Frei zum Kämpfen für etwas, das sich lohnt.“


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