Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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25. Januar 1348 Erdbeben und Pest in Süddeutschland

Die Pest rafft große Teile der bayerischen Bevölkerung dahin. Die Ursachen sind unbekannt, aber hatte es nicht Vorzeichen gegeben, vor allem das Erdbeben, das am 25. Januar 1348 Süddeutschland erschütterte?

Stand: 25.01.2013 | Archiv

25 Januar

Freitag, 25. Januar 2013

Autor(in): Birgit Magiera

Sprecher(in): Birgit Magiera

Redaktion: Thomas Morawetz

Hätte man es nicht ahnen, die düsteren Vorzeichen lesen können? So bebte am Nachmittag des 25. Januar 1348 plötzlich die Erde. Im ganzen südlichen Bayern war‘s zu spüren. In Passau schwankten die Kirchen, ein Kloster fiel in Trümmer, und in München rutschten Ziegel von den Dächern.

Und dann - nur wenige Wochen zuvor - der plötzliche Tod von Kaiser Ludwig: Auf der Bärenjagd, nahe dem Kloster Fürstenfeld, wurde der Kaiser aus dem Leben gerissen, noch unter dem Kirchenbann des Papstes, auf ewig in der Hölle schmorend, ohne Hoffnung auf Erlösung. Und da waren zwölf Genueser Handelsschiffe unterwegs, aus dem Schwarzmeer kommend, mit Kurs auf die italienische Küste.

Pest-Häusl

Im Hafen von Messina auf Sizilien löschen die Schiffe ihre Ladung, doch sie haben einen unheilvollen blinden Passagier an Bord: Die Pest wütet zunächst entlang der Mittelmeerküsten. Dann, im Sommer 1348 greift sie über den und Reschen- und Brennerpass nach Bayern hinein. In Mühldorf am Inn sterben die ersten Pestkranken. Im Heiliggeist-Spital in München steht ein junger Reisender nicht mehr von seinem Strohsack auf. Und schon am nächsten Tag werden mehrere schwer Kranke ins Spital eingeliefert, die meisten fiebernd und bereits ohne Bewusstsein. Die Ratsherrn entscheiden schnell: Die Stadttore werden verschlossen, die Reisenden in außerhalb gelegenen "Pest-Häusln" in Quarantäne genommen. Münzen werden in Essig gewaschen, Briefe und Lebensmittel zum Desinfizieren durchräuchert.

Und doch durchstreift der schwarze Tod Haus um Haus, an immer mehr Türen tauchen zur Warnung gelbe Kreide-Kreuze auf, Franziskaner-Mönche reichen an Stangen Brot durchs Fenster. Bader und Ärzte tragen Schnabelmasken, in die mit Essenzen getränkte Tücher gestopft sind, als Schutz vor den gefürchteten Miasmen, den giftigen Ausdünstungen.

Nacht für Nacht laden Freiwillige die Leichen auf Karren und bringen sie zu Massengräbern vor der Stadt, aufgedunsene tote Körper mit blauen Lippen, von schwarzen Flecken und eitrigen Beulen übersät. Wie ein Leichentuch legt sich die Pest übers Land. In ihrer Ratlosigkeit empfehlen Mediziner der Pariser Universität Sorbonne, man solle nicht mit Regenwasser kochen, Zorn und Trunkenheit tunlichst meiden und sich bei Durchfall Sorgen machen. Besser helfe beten und Buße tun, wettern die wahren Frommen. Nur so könne man vielleicht Gottes Strafgericht entgehen.

Brunnenvergifter

"Heiliger Sebastian, bitt für uns! Heiliger Rochus, bitte für uns!" Im religiösen End-Zeit-Wahn ziehen Flagellanten von Stadt zu Stadt, das Büßergewand bis zur Hüfte herabgezogen, mit von Peitschenhieben blutigen Rücken. Aber statt die Seuche zu bremsen, schleppen sie sie im frommen Eifer nur noch weiter ins Land. Die Ernte verdirbt auf den Feldern, weil niemand mehr da ist, um sie einzubringen. Die öffentliche Ordnung bricht zusammen. Und derweil meint man, die wahren Schuldigen gefunden zu haben: die Juden, die Brunnenvergifter! In rund 400 Städten und Gemeinden in Bayern werden während der Pest-Pogrome Juden erschlagen, verbrannt, vertrieben.

Am Ende hat der schwarze Tod die Hälfte der bayerischen Bevölkerung dahingerafft. Bis sich das Land von der Seuche völlig erholt hat, werden 150 Jahre vergehen.


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