Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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21. Juli 1990 Roger Waters führt in Berlin "The Wall" auf

Ein Jahrhundertspektakel: jeder, der jung war, wollte damals am 21.7.1990 nach Berlin, zu Roger Waters‘ Aufführung von "The Wall". Autor: Markus Mähner

Stand: 21.07.2017 | Archiv

21 Juli

Freitag, 21. Juli 2017

Autor(in): Markus Mähner

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Es war kein guter Start für den kleinen Roger. Noch nicht einmal ein halbes Jahr alt, da starb sein Vater im Krieg gegen das faschistische Deutschland. Eine Schönheit war Roger auch nicht: Ein langes Gesicht, dahinter ein verschlossener und etwas exzentrischer Junge, der gerne mal bei seinen Lehrer aneckte. Niemand hätte gedacht, dass er jemals Großes vollbringen würde. Ja, sogar riesige Mauern bauen würde - nur um sie symbolträchtig wieder einzureißen!

Mauern bauen, um sie einzureißen

Andere große Männer bauten lediglich große Mauern – und weitere große Männer rissen diese dann wieder ein. Nicht so Roger: Seine Mauer ließ er selber wieder einreißen – und das nur wenige Augenblicke nachdem sie fertig gestellt war. Alles ganz planmäßig! Bis dahin sollte es noch ein weiter Weg sein.

Aber der kleine Roger wuchs: Bald war er bereits 1 Meter 90 groß und zog nach London um dort Architektur zu studieren. Schließlich sollte er ja später mal eine riesige Mauer bauen. Mit zwei seiner Kommilitonen gründete er eine Musikgruppe und schon bald wurden sie zu einer der einflussreichsten Gruppen der 70er Jahre. Nach einer Trennung von seinen Mitstreitern – wie gesagt: Roger war ein wenig exzentrisch – entbrannte ein Streit über den Bandnamen "Pink Floyd", den er verlor.

War das nun das Ende seiner großen Pläne? Nein, denn die Geschichte half dem inzwischen großen Roger: Am 9.November 1989 fiel die Berliner Mauer und am 21. Juli 1990 war dann Rogers großer Tag: Er errichtete auf dem Niemandsland des Potsdamer Platzes eine neue Mauer. Sie war zwar nur 170 Meter lang und lediglich aus Styropor. Aber Roger wollte die Mauer, kurz nachdem sie fertig gestellt war, ja auch wieder einreißen. So fielen kurz vor Mitternacht 2500 Styroporziegel auf das Stichwort "tear down the wall" - und der 25 Meter hohe Wall brach wieder in sich zusammen. Alles planmäßig.

Ein Unterschied von fünf Zentimetern

Was indes nicht so planmäßig verlief, war die Technik, die Rogers für Mauerbau und -abriss die musikalische Umrahmung liefern sollte: In den ersten 15 Minuten des größten Musikspektakels aller Zeiten fanden zwei Stromausfälle statt und ließen die Musiker verstummen. Während die 350.000 Zuschauer dadurch wohl einen etwas getrübten Mauerbau-Genuss hatten, konnte Roger doch im Nachhinein eine perfekte Show auf Video veröffentlichen: Fehlende Lieder wurden einfach im Studio neu eingespielt oder bereits bei der Probe gefilmte wurden verwendet.

Auf den großen Erfolg hin baute Roger nun überall auf der Welt Mauern. Und im Jahr 2012 war er dank seiner "The Wall"-Tour sogar der Musiker mit dem zweithöchsten Einkommen weltweit. Vor ihm lag nur noch der Rapper und Hip Hop-Produzent Dr. Dre – doch der baute dafür auch keine Mauern, sondern verkaufte lediglich Kopfhörer. Zudem ist er gut 5 Zentimeter kleiner als der große Roger!


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