Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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21. Mai 1965 Die Queen auf Staatsbesuch in München

Da freut man sich, dass einen eine echte Königin besucht und dann hat man nur ein rechtes "Gefrett'". Warum die Queen überhaupt nach Bayern kommt, wenn alles so sein soll wie in Good Old Britain? Autorin: Regina Fanderl

Stand: 21.05.2015 | Archiv

21 Mai

Donnerstag, 21. Mai 2015

Autor(in): Regina Fanderl

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Wochenlang -, ach was, monatelang haben sich bayerische Protokollbeamte detailliert mit dem Ablauf der wenigen Stunden des 21. Mai 1965 beschäftigt, die Elizabeth II., Königin von England, Großbritannien ecetera, ecetera in München verbringen würde. 20 Jahre nach Kriegsende soll auch Bayern mithelfen, die abgekühlten Beziehungen zwischen England und der Bundesrepublik wieder aufzuwärmen.

Aber bitte: wen interessiert die Politik, wenn da diese steinreiche Frau kommt, die man doch fast besser kennt als die eigene Verwandtschaft? Die vielen bunten Bilder aus den Illustrierten mit den vier Kindern der damals 39jährigen Monarchin, den kurzbeinigen Hunden und langbeinigen Pferden und natürlich auch Prinzgemahl Philip haben dafür gesorgt, dass die Münchnerinnen schier aus dem Häuschen sind.

München aus dem Häuschen

Aber auch die bayerischen Zeremonienmeister geraten an ihre Grenzen -
obwohl die Frage des Tees für die Monarchin geklärt ist. Das Gefolge von Elizabeth bringt neben der einzig königlich-korrekten Earl Grey-Mischung auch englisches Wasser mit. 

Kopfzerbrechen macht vielmehr die Frage, wie dreieinhalbtausend Polizisten, dreizehnhundert Trachtler, Fahnenträger und Schützen gemeinsam mit den zigtausenden Schaulustigen logistisch auf die Reihe zu bringen sind. Dazu die Heerscharen vor allem englischer Reporter und Fotografen!
Ein Albtraum!

Richtig gewunken

Gottlob hat der Fachausschuss für Umgangsformen im “Allgemeinen Deutschen Tanzlehrer-Verband“ die Regeln für protokollgerechtes Verhalten bekanntgegeben: Handkuss ist verboten, Herzlichkeit vom Straßenrand aus soll durch Händeklatschen oder Winken zum Ausdruck gebracht, Heil-Rufe sollen tunlichst unterlassen werden…

Problematisch auch das Ansinnen von Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel:

Die Queen und ihr Gemahl sollen sich im sozialdemokratisch regierten Rathaus ins Goldene Buch eintragen! Vogel wird mit dem Folianten zum staatlichen Empfang beordert, was er strikt verweigert. Das Goldene Buch sei doch kein Poesiealbum, das man unter dem Arm herumtrage!

Aber dann geht alles gut. Die Irritation bei den königlichen Gästen über die musikalische Begrüßung am Hauptbahnhof ist schnell überwunden -  Obermusikmeister Sepp Böhm lässt nämlich nicht nur die beiden Nationalhymnen, sondern auch noch “Gott mit dir du Land der Bayern“ erklingen - das Volk jubelt vorschriftsmäßig und winkt heftig mit den Union-Jack-Fähnchen. Elizabeth und Philip absolvieren im Schnelldurchlauf ihr Besuchsprogramm - Residenz, Rathaus, Alte Pinakothek, Cuvillies-Theater, Manufaktur und Schloss Nymphenburg,
wo eine Equipe unter Mitwirkung des Versandhändlers Neckermann zu Dressurübungen anreitet.

Abends, in der Königsloge des Nationaltheaters, lauscht Elizabeth - pfirsichrosa der Teint und aquamarinblau die Augen - aufmerksam dem “Rosenkavalier“ ehe sie kurz nach Mitternacht wieder in den Sonderzug zur nächsten Station ihrer Deutschlandreise steigt. (Puh!!) Obwohl… schon schön manchmal, so eine Monarchie …


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