Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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20. Mai 1571 Pius V. gründet die Heilige Liga gegen die Osmanen

Am 20. Mai 1571 hat Papst Pius V. es geschafft: Er hat eine Heilige Liga zum Krieg gegen die Osmanen eingeschworen. Die Motive der Mitstreiter sehen allerdings wenig "heilig" aus. Doch immerhin - der Name der Allianz wird ein interessantes Eigenleben entwickeln.

Stand: 20.05.2014 | Archiv

20 Mai

Dienstag, 20. Mai 2014

Autor(in): Thomas Morawetz

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Rom, eines Morgens im Jahr 1571: Vielleicht steht Papst Pius V. am Fenster und ist einfach guter Dinge. Eine gewaltige Baustelle liegt da vor ihm, der neue Petersdom. Wenn der mal fertig wird! Ja, Pius ist zufrieden mit den letzten Jahren, und vielleicht hat er in diesem Moment eine Idee - Es wird mal wieder Zeit für eine Heilige Liga gegen die Osmanen! Ein heiliges Bündnis der ganzen anständigen Christenheit - also der Katholiken - gegen die alten Glaubensfeinde.

Da kann man nichts verkehrt machen, überlegt sich Pius. Wenn er dagegen an die letzten Jahrzehnte denkt! Was waren die anstrengend! Nicht wegen der Osmanen, oh nein, sondern wegen diesem Mönch, diesem Luther, der mit seinen Reformen die halbe Welt verrückt gemacht hat. Schwerstarbeit war das, bis der Papst jetzt langsam wieder als Mann von religiösem Ernst gilt. Aber nun, wo der Ruf wieder deutlich besser wird, was liegt da näher, als den Protestanten ganz klar zu zeigen, wer der Chef im Ring ist? Und wie könnte das großartiger gehen, als mit einer großen Christenallianz gegen die Muslime? Die Gelegenheit wäre günstig. Gerade sind die Osmanen dabei, den Venezianern im Mittelmeer die Insel Zypern abzujagen. Schlimme Dinge hört man von dort, und auf jeden Fall könnte man diesen Christen zu Hilfe kommen! Also: Heilige Liga: Wer macht mit?

Mitstreiter gesucht ...

Pius lädt alle ein, die überhaupt einen Brief von ihm aufmachen. Zum Beispiel den französischen König. Aber der will nicht, er hat sogar - unglaublich! - eine eigene miese Abmachung mit dem Sultan! Und tatsächlich: der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation - der auch! Was sich die Leute so denken!

Aber auf einen ist Verlass - auf Philipp II. von Spanien, eine große Stütze, sehr katholisch, kein Freund von Halbseidenem. Und Verlass ist natürlich auch auf die Venezianer, es soll ja um ihr Zypern gehen. Gut, erst gibt es gleich wieder Ärger. Die Spanier sagen: Wenn schon eine Liga, dann könnte man doch genauso gut für uns Tunis und Algier erobern, das wär´ schön! Und unser Zypern?!, protestieren die Venezianer.

Hauptsache heilig ...

Pius biegt das hin. "Heilig" soll die Liga eben sein, und da ist es besser, man befreit Glaubensbrüder, anstatt nur irgendetwas zu erobern. Am 20. Mai 1571 kommt es also in der Baustelle des Petersdoms zum Schwur, und die Heilige Liga ist bereit zum Angriff auf die osmanische Flotte im Mittelmeer.

Den Oberbefehl bekommt Don Juan d´ Austria, erst 24 Jahre alt, ein begnadeter Heißsporn. Er sammelt die christliche Flotte, und im Herbst kommt es bei Lepanto, im Golf von Korinth zur Seeschlacht.

Lepanto - eine der größten Seeschlachten der Geschichte. In das Mühlwerk des Gemetzels geraten über 200.000 Soldaten. Fast 50.000 Mann werden darin zermalmt. Am Abend, das Meer ist blutrot, hat Don Juan einen glänzenden Sieg errungen. Die Heilige Liga triumphiert.

Aber nicht lange. Schon ein Jahr später haben die Osmanen die verlorenen Schiffe ersetzt - und dann auch das noch: Venedig überlässt den Osmanen Zypern freiwillig und zahlt sogar Schadensersatz. Man möchte wieder anknüpfen an die guten Geschäfte von früher. Offen bekennt Venedig: Wir sind zu allererst Venezianer, dann erst Christen.

Soll das also heilig sein? Kommt noch. Den Sieg bei Lepanto, heißt es bald, habe die Jungfrau Maria selbst geschenkt. Und Pius, heißt es bald, habe am Abend der Schlacht im fernen Rom eine Vision vom Sieg gehabt. Noch Jahrhunderte später wird das Blutbad detailreich in Kirchen an die Decke gemalt.

Und so - in Fernwirkung - erfüllt die Heilige Liga also doch noch ihr frommes Adjektiv. Der Mensch kennt keine Geduld, die Geschichte schon. Der Petersdom ist inzwischen ja auch fertig geworden.


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