Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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19. August 1743 Madame du Barry wird geboren

Sie wurde in ärmliche Verhältnisse geboren, am 19. August 1743. Bildschön beeindruckte sie sogar den König: Als Madame du Barry wurde sie die Mätresse von Ludwig XV, doch seine Geschenke brachten ihr kein Glück.

Stand: 19.08.2013 | Archiv

19 August

Montag, 19. August 2013

Autor(in): Herbert Becker

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Brigitte Reimer

Es ist nicht so recht abzusehen, welche Überraschungen uns die internationale Finanzkrise noch bescheren wird. Klar allerdings ist - jedenfalls für die in Geldangelegenheiten eher konservativ Denkenden unter uns - wer beziehungsweise was diese Krise verursacht hat: Es ist der fatale Hang von Privatpersonen, von Firmen sowie von Staaten, Geld auszugeben, das sie nicht besitzen.

Meine Güte! Wenn man denkt, wie das noch vor fünfzig Jahren war! Damals wenn man sich etwas kaufen wollte - ein Fahrrad, einen Kühlschrank, ein Klavier, ganz egal - dann hat man zuerst einmal gespart, so lange, bis man das Geld beisammen hatte. Erst wenn das der Fall war, ging man zum Händler, legte den fälligen Betrag - den gesamten! - auf den Tisch und erfüllte sich seinen Wunsch. Die wenigen, die es anders machten und in Raten zahlten, betrachtete man als unsolide, ja, man deutete geradezu mit Fingern auf sie.

Vorbei, vorbei. Zu viele haben auf Pump gekauft, auf Pump gelebt, und jetzt haben wir den Salat. Dabei haben Philosophen, Fernsehpfarrer und andere Rufer in der Wüste schon immer davon abgeraten, irdische Güter anzuhäufen, haben wieder und wieder darauf hingewiesen, dass Besitz nicht glücklich macht. Seit Jahrhunderten künden Märchen, Anekdoten und Chroniken von den schrecklichen Folgen der Gier und des ungezügelten Strebens nach Reichtum - alles vergebens.

Einer dieser Berichte dreht sich um die bildhübsche Marie-Jeanne, die den Verlockungen des Geldes ebenfalls nicht widerstehen konnte; Marie-Jeanne Bécu aus Lothringen - am 19. August 1743 hineingeboren in ausgesprochen ärmliche Verhältnisse, Verhältnisse, denen sie schon früh zu entkommen suchte. Als sie mit achtzehn den Grafen Guillaume du Barry kennen lernte, griff sie ohne lange nachzudenken zu, denn als Madame du Barry hatte sie Zugang zum Versailler Hof. Zum König! Ludwig XV. war sogleich von ihr angetan; er war zwar 33 Jahre älter als sie, aber was machte das schon? Sie wurde seine Mätresse und bekam ihre eigenen Wohnräume im Schloss, er schenkte ihr ein privates Palais ganz in der Nähe, ließ ihr Geld und prächtige Gewänder, Geschmeide und Juwelen zukommen.

Freilich, die Geschenke sowie der Einfluss, den sie auf Ludwig gewann, erregten Neid. Die Höflinge intrigierten gegen sie, sie intrigierte zurück - den Blick starr auf die irdischen Güter gerichtet, die sie vom König erhielt. Doch dann starb Ludwig, und ein paar Jahre später brach die Revolution aus. Madame du Barrys Schlösschen wurde geplündert, ihre Juwelen geraubt, sie selbst musste fliehen. Sie reiste durch Europa, denn was sollte sie noch in Versailles? Aber was sollte sie anderswo - ohne ihre Juwelen, ohne all ihre Kostbarkeiten? In der Hoffnung, sie wiederzubekommen, kehrte sie nach Paris zurück, nicht dessen achtend, was dort inzwischen vor sich ging. Vielleicht konnte sie es nicht sehen, weil ihr der brennende Wunsch nach ihren Besitztümern den Blick verstellte. Doch nun wurde ihr dieser Besitz endgültig zum Verhängnis. Die Revolutionäre nahmen sie fest und stellten sie - unter anderem wegen Verschwendung öffentlichen Eigentums - vor Gericht. Man verurteilte sie zum Tod und schleppte sie schließlich zur Guillotine. Sie weinte und schrie, flehte vor der versammelten Menschenmenge um Hilfe und bot sogar an, ihr Leben zurückzukaufen. Die Juwelen waren von keinerlei Bedeutung mehr - doch die Einsicht kam zu spät. Wie immer.

Wir werden nicht auf dem Schafott landen, aber in die Reihe der Märchen, Anekdoten und Chroniken, die von den Folgen der Gier und des ungezügelten Strebens nach Reichtum künden, wird die Geschichte unserer Finanzkrise bestimmt eingehen.


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