Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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24. April 1671 Küchenmeister Vatel begeht Selbstmord

Er war ein Meister seines Fachs, Francoise Vatel, Küchenmeister des französischen Hochadels. Doch eines der rauschenden Feste, für die er verantwortlich war, geriet ihm zum Verhängnis. Am 24. April 1671 beging er Selbstmord.

Stand: 24.04.2012 | Archiv

24 April

Dienstag, 24. April 2012

Autor(in): Xaver Frühbeis

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Redaktion: Thomas Morawetz

Es hatte alles so schön angefangen. Am Tag zuvor war der König angekommen, man war auf die Jagd gegangen, und abends wurde noch ein kleiner Imbiss gereicht. In den Bäumen hingen Laternen, und die Gäste wandelten auf frischen Narzissenblüten.

Schicksal, Braten, Fische

Eingeladen hatte einer der einflussreichsten Männer im Land, der Prinz von Condé. Sein Schloss, Chantilly, war ein Prunkbau und wie geschaffen für ein paar sorglose Tage mit Banketten, Jagdvergnügen und einem schönen Feuerwerk. Die Organisation des Ganzen lag in der Hand des Haushofmeisters auf Chantilly, eines Schweizers namens Watel, Fritz-Karl Watel. Hier, in Frankreich, wurde er François gerufen. Vatel hatte dem Prinzen schon vor Jahren gut gedient. Als der Prinz dann einmal für kurze Zeit in Ungnade fiel und das Land verlassen musste, hatte Vatel die Feste des Finanzministers Fouchet ausgerichtet. Dann aber war dieser Minister, infolge einer besonders prächtigen Gesellschaft, verhaftet und wegen Verschwendungssucht und Veruntreuung entlassen worden, und Vatel war wieder zurückgekommen, nach Chantilly, zum Prinzen Condé. Ein Mann also, auf den wirklich Verlass war. Doch es gibt Tage, da will das Schicksal es anders.

Am 24. April 1671 ließ das Schicksal die Vergnügungsmaschinerie des François Vatel ein kleines bisschen knirschen. Just als die Gäste im Park von Chantilly auf Narzissen unter Lampions speisten, misslang an zwei Tischen der Braten. Vatel, der seit Wochen kaum geschlafen hatte, war außer sich. "Ich bin entehrt", rief er, "das überlebe ich nicht." Der Prinz redete ihm gut zu, es sei ja nicht am Tisch des Königs geschehen: Macht Euch keine Sorgen, Vatel, alles ist gut. Dann kam die Nacht. Dichte Wolken zogen auf, und das Feuerwerk war kaum zu sehen. Vatel sorgte sich sehr.

Am nächsten Morgen, früh um vier, trifft der erste Händler ein: frischer Fisch aus Frankreichs Seehäfen, eigens von Vatel bestellt. "Wieso seid Ihr allein," fragt Vatel, "warum bringt Ihr nicht mehr?" Der Händler antwortet: "Hier sind die beiden Kisten, die ich bringen soll, von mehr weiß ich nicht." Vatel ist verzweifelt. Wie soll er mit so wenigen Fischen die Gesellschaft speisen? Das Fest ist ruiniert. Als kurze Zeit später weitere Fischhändler eintreffen, ist Vatel nicht da. Man sucht ihn, und findet ihn: auf seinem Zimmer, in seinem Blut. Dreimal hat sich François Vatel mit seinem Schwert durchbohrt, das dritte Mal hat er sein Herz getroffen.

Beileid und Narzissen

Das war nun wahrlich ein Schlag für unsere Gesellschaft. Der König sprach dem Gastgeber seine Anteilnahme aus, alle rühmten Vatel für seinen Mut und sein großes Ehrgefühl, und die Marquise de Sévigné schildert den Vorfall detailliert in einem Brief an ihre Tochter. Aber, schreibt sie, man habe sich nun mal getroffen, um sich zu amüsieren. Also sei man am selben Tag noch zur Jagd gegangen, und am Abend habe man leckere Fische gegessen. In den Bäumen hingen Lampions, und die Gäste wandelten auf frischen Narzissenblüten. Und so ist dann doch noch alles so fröhlich zu Ende gegangen wie es angefangen hatte.


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