Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. November 1959 Ben Hur hat Premiere

Der monumentalste der Monumentalfilme: Ben Hur. Das berühmteste aller Wagenrennen. Elf Oscars. Autorin: Brigitte Kohn

Stand: 18.11.2016 | Archiv

18 November

Freitag, 18. November 2016

Autor(in): Brigitte Kohn

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Am Abend vor dem Wagenrennen geht Ben Hur noch mal kurz in den Stall, um sich mit seinen Pferden zu besprechen. Die Pferde sollen morgen gut aufeinander achten, ihre individuellen Stärken einsetzen, nicht einfach blind nach vorne stürmen. Gemeinsam müsst ihr siegen! Ben Hur lächelt zärtlich, aus seinen stahlblauen Augen leuchtet die reine Güte, die Pferde äußern ein verliebtes Schnauben. So sieht echtes amerikanisches Teamwork aus - in einer römischen Arena.

Fromm, friedliebend, amerikanisch?

In dem legendären Monumentalfilm "Ben Hur", uraufgeführt am 18. November 1959 in New York, verkörpert der Hauptdarsteller Charlton Heston nicht nur einen edlen jüdischen Fürsten aus der Zeit Jesu - er verkörpert auch und vor allem das gute, menschliche Amerika. Und die Römer, die das Land Jesu unterjochen, die erinnern von ferne an die dunklen Seiten der Weltmacht USA.

Ben Hur steht Jesus ziemlich nahe. Beide sind fromm und friedliebend und gegen die römische Besatzungsmacht. Aber man kann von Jesus natürlich nicht erwarten, dass er sich in Seeschlachten, Orgien, Triumphzüge oder in blutige Circus-Spektakel verwickeln lässt. Ben Hur hingegen ist ständig mit so was beschäftigt und sieht dabei auch noch wirklich gut aus. Oft gönnt man ihm nur spärliche Bekleidung, und das erhöht den Reiz. Kurz: Ben Hur ist so eine Art Beinahe-Jesus, nur mit höherem Unterhaltungswert.

Das größte Wagenrennen der Welt

Der Aufwand, den Regisseur William Wyler da betrieben hatte, sprengte alle bekannten Maßstäbe. 50 Galeeren ließ er bauen, 50 000 Statisten und 40 000 Tonnen Mittelmeersand herbeikarren, 78 Pferde trainieren. Sein Produzent starb stressbedingt am Herzinfarkt. Den Pferden ist übrigens nichts passiert, Wyler wollte keinen Ärger mit Tierschützern und passte gut auf sie auf.

Ein Achtel des gesamten Budgets und fünf Wochen Drehzeit gingen allein für das Wagenrennen drauf. Es ist eine Sternstunde des Kinos geworden: die Arena als Inbegriff der rücksichtslosen Wettbewerbsgesellschaft. Wagen überschlagen sich, brechen in Stücke, Pferdehufe stampfen über sterbende Athleten hinweg in wilder Jagd nach dem Sieg. Und mittendrin einer mit weißen Pferden und blauen Augen und ohne Peitsche, die Zügel fest im Griff. Ben Hur natürlich.

Sein Hauptkontrahent, der machtbesessene Römer Messala, hat natürlich schwarze Pferde und dank dunkler Kontaktlinsen auch schwarze Augen, und die Peitsche schwingt er permanent. Trotzdem liegt er irgendwann sterbend im Sand, während der Sieger Ben Hur seine Schimmel küsst und sich beim Stallburschen bedankt; ein Teamplayer durch und durch und gerade deshalb erfolgreich.

Am Ende hätte er es fast in die Bibel geschafft, als jemand, der Jesus das Wasser reichen konnte. Er gerät nämlich mitten in die Kreuzigung und will dem gemarterten Jesus zu trinken geben, doch ein römischer Soldat drängt ihn weg. Nur deswegen kommt Ben Hur im Evangelium nicht vor und durfte nur im Kino unsterblich werden.  Aber das hat ja auch ganz gut funktioniert.


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