Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. Oktober 1830 Grundstein für die Walhalla wird gelegt

Es war eine seiner typischen Ideen: Napoleon überzog Europa mit Krieg, und Kronprinz Ludwig schwebte ein Bauwerk vor für die "rühmlich ausgezeichneten Teutschen". "Walhalla", fand man, sei ein guter Name dafür. Am 18. Oktober 1830 legte König Ludwig I. schließlich den Grundstein.

Stand: 18.10.2010 | Archiv

18 Oktober

Montag, 18. Oktober 2010

Autor(in): Herbert Becker

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Wer kennt Velleda? Nein, jetzt nicht das pharmazeutische Unternehmen, das Naturkosmetik und dergleichen herstellt – sondern Velleda, mit Vogel-V und Doppel-L. Unbekannt, oder?

Also: "Velleda, germanische Seherin, erstes Jahrhundert nach Christus. Sie unterstützte mit ihrem Rat den Bataveraufstand des Julius Civilis am Rhein und führte später die Friedensverhandlungen in Rom. Ihr weiteres Schicksal ist ungewiss."

So steht es im amtlichen Führer der Walhalla. Velleda gehört nämlich zu jenen Frauen und Männern "teutscher Zunge", die, weil sie in Friedens- oder Kriegszeiten Bedeutendes geleistet haben, in der Gedächtnisstätte unweit von Regensburg verewigt wurden.

Es war die Idee des Kronprinzen Ludwig von Bayern die "rühmlich ausgezeichneten Teutschen" in einem Ehrentempel zu vereinen. Einundzwanzig Jahre war er alt, als er 1808 dem Historiker Johannes von Müller seine Vorstellung von dem Bauwerk schilderte:

"...groß muss es werden, nicht bloß kolossal im Raum. Größe muss in der Bauart sein; hohe Einfachheit, verbunden mit Pracht, spreche sein Ganzes aus, würdig werdend dem Zwecke." Von Müller verstand und schlug vor, dem Gebäude den Namen Walhalla zu geben, nach jenem Ort aus der altnordischen Mythologie, an den Odin die Könige und die in der Schlacht gefallenen Krieger beruft.

Vorerst herrschte in Europa Krieg. Napoleon zog durch die Lande. Das aber hinderte den Kronprinzen nicht, schon einmal nach einem geeigneten Bauplatz Ausschau zu halten, gemeinsam mit dem Architekten Leo von Klenze Pläne zu entwerfen und berühmte Bildhauer mit dem Auftrag zu betrauen, Büsten von Königen und Dichtern, Musikern und Philosophen anzufertigen. Es mussten noch rund zwanzig Jahre vergehen, bis der Baugrund abgesteckt war.
Die Wahl war auf den Bräuberg bei Donaustauf gefallen, weil man von hier aus einen erhabenen Blick auf die Donau hat, die einer romantischen Vorstellung zufolge zum gemeinsamen zentralasiatischen Ursprung aller germanischen Völker fließt.

Ludwig war seit fünf Jahren König, als er endlich, am 18. Oktober 1830, den Grundstein zu seinem Lieblingsprojekt legen durfte. "Nie ist allen großen Männern, die Teutschland seit den zwei Jahrtausenden seiner Geschichte erzeugt hat, ein Denkmal gesetzt worden", sagte sein Minister Eduard von Schenk bei diesem Anlass. "Es blieb König Ludwig vorbehalten, der von früher Jugend an für des gemeinsamen Vaterlandes Wohl und Ehre glühte."

Auf den Tag genau zwölf Jahre später, am 18. Oktober 1842, wurde die Walhalla eröffnet. Die Zahl der in der Ruhmeshalle verherrlichten Persönlichkeiten betrug 160. Für 96 von ihnen wurden Büsten aufgestellt, 64 weitere – solche, von denen kein authentisches Bildnis vorlag – wurden mit Inschriftentafeln geehrt. Zu den letzteren gehört Velleda, die Seherin. Außer ihr waren noch weitere acht Frauen präsentiert. Ludwig I. hatte ausdrücklich betont, dass kein Stand ausgeschlossen sei, "auch das weibliche Geschlecht nicht" – von einer Quotenregelung für den bayerischen Olymp hat er nie gesprochen; dem entsprechend sind seither drei Frauen und zehn Mal so viele Männer dazugekommen.

Im Juli 2010 wurde die Büste Heinrich Heines aufgestellt. Ausgerechnet Heine! Der hatte bei der Einweihung das Fehlen Martin Luthers kritisiert und die heilige Halle als "marmorne Schädelstätte" verspottet. Es ist es deshalb mehr als zweifelhaft, dass Ludwig mit der Aufnahme des Dichters in den Ruhmestempel einverstanden gewesen wäre. Wie viel Wert Heine selbst darauf gelegt hätte, ist schwer zu sagen, aber damit gerechnet hat er sicher nicht. Voraussehbar war die Ehrung auf keinen Fall - nicht einmal für Velleda.


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