Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. April 1934 Eröffnung des ersten Waschsalons

Warum schmutzige Wäsche immer nur hinter verschlossenen Türen waschen? In aller Öffentlichkeit geht das genauso, zum Beispiel im ersten Waschsalon der Welt, der am 18.04.1934 in den USA eröffnet. Autorin: Susi Weichselbaumer

Stand: 18.04.2016 | Archiv

18 April

Montag, 18. April 2016

Autor(in): Susi Weichselbaumer

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Im Film machen sie es immer wieder. Und es kommt jedes einzelne Mal maximal gut. Da ist dieser unendlich einsame, doch grundsätzlich ganz und gar liebenswerte, ein bisschen verstrubbelte, aber eigentlich ungeheuer adrette Typ. Und er trägt Hemd zur Jeans. Außerdem trägt er eine Tasche mit schmutziger Wäsche. Und er geht in den Waschsalon. Und es ist Nacht. Die Leuchtreklame im Schaufenster flackert. Drinnen ist der Münzwechsler kaputt. Der Kaffeeautomat signalisiert: Alles aus, bis auf die heiße Gemüsebrühe.

Da angelt unser Held mit dem Mut der Verzweiflung auf den Zufall bauend… da angelt unser Freund auch schon aus dem Geldrückgabefach des Automaten eine verwaiste Münze. Kurz schweift sein Blick - aus sehr süßen Augen - über die Armada silbermetallig-ident schimmernder Waschmaschinen. Entschieden wirft er die Münze in das Gerät hintere Mitte, bugsiert die Wäsche aus seiner Tasche in die Trommel. Sieht sich um. Keiner da sonst. Er zieht sein Hemd aus…

Das hat sich gewaschen!

In der Realität - leider, leider - haben Waschsalons und Romantik nichts gemein. Das "Easy Wash"um die Ecke empfängt einen gleich am Eingang mit der Ermahnung: "Wischmops waschen verboten". Unkomplizierten Münzeinwurf gibt es nicht, stattdessen wird man XXL-Flat-Spezial-Abo-Kunde mit aufladbarer "Easy-Wash“-Premiummitgliedsbonuschipkarte. Zarte Gefühle für Mitwaschende können sich nicht einstellen, weil man mit ihnen permanent um einen Platz auf den wackeligen Plastikstühlen ringen muss. Kaffeeautomat? Außer Betrieb!

Wenn wir Wiener Waschfrauen…

Schmutzige Wäsche in aller Öffentlichkeit waschen, das war noch nie freundschaftsfördernd respektive ein geselliges Vergnügen.

Im 4. Jahrtausend vor Christus kloppen sich ägyptische Sklaven um die besten Steine am Nilufer, um darauf die Wäsche ihrer Herren auszuschlagen. Jahrhunderte lang stehen Frauen mit schweren Waschbrettern und rauen Händen an Flüssen und Seen aller Orten und schrubben und schrubben und schrubben.

Endlich erfindet wer die Waschmaschine für den Hausgebrauch! Also für kleinere Mengen und ganz kommod zu bedienen. Die schmutzige Wäsche bleibt fürderhin im eigenen Keller. Theoretisch. Praktisch leisten kann sich kaum jemand ein solches Gerät. Er sich schon, denkt der US-amerikanische Geschäftsmann J. F. Cantrell, und kauft gleich vier davon. Diese stellt er in einen leeren Raum und tatatata: Am 18. April 1934 eröffnet er seine "Washateria", den wohl ersten öffentlichen Waschsalon der Welt. Das Ganze spielt in der Viehstadt Forth Worth in Texas, einige Quellen meinen, es könnte vielleicht auch in Chicago gewesen sein. Die meisten erzählen aber lieber von Fort Worth, denn hier leben in den 1930 Jahren vor allem Cowboys. Viele von ihnen alleinstehende Männer mit jeder Menge dreckiger Klamotten: Staub, Dung, Rinderschmodder: Hemden, Jeans, lange Cowboyunterhosen landen in den metallenen Ungetümen mit den Riesentrommeln, denn noch sind die Waschmaschinen nicht sehr platzsparend. Dafür sind sie gewinnbringend, zumindest für Cantrell, der die Geräte in seiner "Washateria" pro Stunde vermietet. Bis er herausfindet, dass er mehr Geld machen kann, wenn er pro Kilo schmutziger Wäsche kassiert und für jeden Waschgang extra.

Andere kupfern die Geschäftsidee ab: Der Waschsalon erobert in kürzester Zeit erst die USA und dann die Welt. Die reale übrigens wie die Filmwelt, die zarte Romanzen gerne zwischen rotierende Trommeln betten wird. Außer in einem Filmgenre - aber gut, Kino ist nicht das Leben … Und so geht im Western der einsame, aber ungeheuer aparte Cowboy - nachts allein und bei flackernder Beleuchtung - in vom abenteuerlichen Tagwerk verschmutzter Klamotte immer in den Salon, aber nie in einen Waschsalon!


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