Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. März 1905 Vorbereitung zum ersten Torlauf der Skigeschichte abgeschlossen

Kaum einer wollte es einst glauben, doch ja, man kann es: Mit Ski lässt sich eine Kurve fahren und deshalb auch ein Torlauf austragen. Das erste Torlaufrennen sah allerdings noch etwas anders aus als heute. Autorin: Regina Fanderl

Stand: 18.03.2016 | Archiv

18 März

Freitag, 18. März 2016

Autor(in): Regina Fanderl

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Streif! Kandahar! Lauberhorn! Planai! Jeder weiß: das sind die Namen der Pisten, auf denen die besten Skifahrer der Welt um Hundertstelsekunden kämpfen!

Bei dem Namen "Muckenkogel" entstehen weder Nervenkitzel noch Ganslhaut. Höchstens bei Kennern österreichischer Klöster, denn vom 1248 Meter hohen Gipfel des "Muckenkogels" sieht man bei gutem Wetter die vier bedeutenden Stifte Melk, Herzogenburg, Göttweig und Lilienfeld. Ein fast spiritueller Ort.

Vom Muckenkogel-Gipfel

Ob das bei den 23 Teilnehmern des ersten Torlaufs in der Geschichte des alpinen Skisports eine Rolle gespielt hat? Wohl kaum. Am 18. März 1905 traf - neben 23 Herren - auch eine Dame im niederösterreichischen Lilienfeld am Fuße des "Muckenkogels" ein: Mizzi Kauba, eine sportbegeisterte Wiener Bürgerstochter. Selbstverständlich im langen Rock, während die überwiegend vornehmen Herren Knickerbocker trugen, Lodenjacken, Krawatten und Wollgamaschen - dazu Jägerhüte!

Zusammengekommen war die illustre Schar auf Initiative eines aus Südmähren nach Lilienfeld zugezogenen Lehrers, Maler und Bildhauers namens Mathias Zdarsky. Ein vom damals populären Polarforscher Fridtjof Nansen angeregter Ski-Narrischer. Er hatte einige Jahre vor der legendären Wettfahrt eine bis dahin neue, revolutionäre alpine Skilauf-Technik entwickelt, die alle Skigrößen der damaligen Zeit mit ihrer "Schuss-Bums-Technik" alt aussehen ließ. Die ging so: man stürzte sich im Schuss den Berg hinunter - wurde das Tempo zu hoch, ließ man sich mehr oder weniger elegant in den Schnee fallen. Stand wieder auf und weiter ging’s auf diese Weise bis man wieder im Tal war. Und nun kam dieser schon 40jährige südmährische Eigenbrötler daher und behauptet, dass es anders viel besser geht.

Vom Plumps zum Schwung

Nach mehr als 200 Versuchen war es Zdarsky mit Hilfe des örtlichen Schmieds gelungen, eine Stahlsohlenbindung zu konstruieren, die es der Ferse ermöglichte, die stark verkürzten und schmäleren Norweger- Ski leichter zu lenken. Den langen Stock in der rechten Hand stemmte sich Zdarsky mit dieser genialen Erfindung Bogen auf Bogen langsam, aber absolut sturzfrei die steilsten Hänge hinunter.

Bah! Da fiel den Pionieren in den Skivereinen am Arlberg oder im Schwarzwald die kalte Kinnlade herunter!

Keiner von ihnen nahm aus Protest am ersten Torlauf der alpinen Skigeschichte am "Muckenkogel" teil, bei dem die Wettfahr-Ordnung erst einmal einen gemeinsamen Aufstieg mit einem Rucksack von mindestens sechs Kilo Gewicht vorsah. Festgelegt war eine Pflichtzeit in gemächlichem Tempo auf einer farblich markierten Piste, wobei jeder als Sieger galt, der diese Zeit sturzfrei unterbot.

In seinem wegweisenden Buch über die Geschichte des Skifahrens schrieb der britische Skipionier Sir Arnold Lunn: "Mathias Zdarsky wird für immer der Vater des alpinen Skifahrens sein! "

Und Lunn muss es wissen. Er war der Organisator der ersten Ski-Weltmeisterschaft 1931 im schweizerischen Mürren.


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