Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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17. August 1960 H.G. Wells "Die Zeitmaschine" kommt ins Kino

H.G. Wells möge verzeihen, aber die Kino-Version seines Science Fiction-Klassikers "Die Zeitmaschine" macht einfach mehr Spaß als sein düsteres Buch. Autorin: Susi Weichselbaumer

Stand: 17.08.2016 | Archiv

17 August

Mittwoch, 17. August 2016

Autor(in): Susi Weichselbaumer

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Weena lebt - das ist der entscheidende, unterscheidende, überhaupt der Faktor: Weena lebt. Und deshalb ist die Kinoadaption besser als die Romanvorlage. Premiere hatte der Film "Die Zeitmaschine" an einem 17. August, genauer dem des Jahres 1960. Kalenderblatt Ende.

Die vierte Dimension

Na ja, so einfach ist es nicht. Denn: Das Buch des berühmten britischen Schriftstellers H.G. Wells - daran ist nicht zu rütteln - ist ein Klassiker; 1895 erschienen, die erste literarische Beschreibung einer Zeitreise. Der Zeitreisende, im Roman namenlos, baut sich Ende des 19. Jahrhunderts eine Maschine, um die vierte Dimension zu erkunden. Seine Freunde im wissenschaftlichen Männerzirkel sind skeptisch; der Zeitreisende ist mutig. Er landet mit seinem Gefährt im Jahr 802.701. Im Verlauf der Jahrtausende haben sich aus den beiden extremen Gesellschaftsklassen des viktorianischen Englands zwei Rassen weiter entwickelt: Die oberirdisch wohnenden Eloi. Und die unterirdisch hausenden Morlocks.

Die Morlocks halten sich die zarten, blondgelockten, schwachen Eloi wie Bauern das Vieh. Sprich die Morlocks kommen nachts, schlachten sich den einen oder anderen Eloi - und dann Mahlzeit.

Ein Schicksal, das auch die kleine Weena ereilt. Dieses zarte, blonde, grundgute Geschöpf ist dem Zeitreisenden in bedingungsloser, zärtlicher Zuneigung zugetan.

Sie ist sein einziger enger Kontakt unter den Eloi, ist niedlich, steht ihm gegen die Morlocks zur Seite, nur um von diesen dann ganz banal verschleppt zu werden; geschultert, weggetragen, den Rest kann man sich denken. Will man sich aber nicht denken. Hier sind wir wieder beim Film!

Gut, das Drehbuch von 1960 ist weit weniger politisch als die Romanvorlage. So ziemlich alle gesellschaftskritischen Überlegungen, die Wells 1895 umtrieben, sind auf der Leinwand verloren. Aber Weena nicht!

Gemeinsame Zukunft in der Zukunft?

Also darf sich der Zeitreisende nach seinem Sieg über die bösen Morlocks, bei dem er Weena und das ganze Volk der Eloi rettet, die Frage stellen: Wer bleibt bei wem? Wer kommt mit wem? Weena, platinblond gelockt, im rosa Sommerkleidchen hat Bedenken: "Wie tragen sie denn dort das Haar bei ihnen, die Damen?", will sie wissen. George, so heißt der Held im Film, kann nicht erklären, wie man einen Dutt steckt. Aber auf "Würde ich ihnen denn gefallen?", kann er antworten: "Ja, das würdest Du!" Dann kommen die Morlocks mit ihrem letzten Aufgebot dazwischen, George wählt den finalen Ausweg, besteigt die Zeitmaschine und entkommt ins viktorianische England.

Auch der Zeitreisende in der Romanvorlage kehrt kurz zurück nach Hause. Auch er zieht bald wieder los, allein, wird nie mehr gesehen. Das ist schön, das ist groß. Aber ganz ehrlich: Wie schön und groß ist es zu wähnen, wie dieser schneidige Film-George zurückfliegt zu jener liebevoll-naiven Weena. Im rosa Kleid. Um dort in der Zukunft eine gemeinsame Zukunft zu starten?


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