Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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17. Juni 1886 Freiheitsstatue erreicht Hafen von New York

Eigentlich ist die Freiheitsstatue das Ergebnis einer durchzechten Nacht in Paris. Ein Bildhauer und ein Politiker wollten den USA ein großartiges Monument widmen. Die Begeisterung dort war mäßig. Am 17. Juni 1886 erreichte sie endlich den Hafen von New York.

Stand: 17.06.2011 | Archiv

17 Juni

Freitag, 17. Juni 2011

Autor(in): Prisca Straub

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Unter Reisenden, die sich mit dem Schiff dem Hafen von New York nähern, grassiert eine ganz besondere Art der Vorfreude. Egal wie hoch die Gischt, wie kalt der Seewind und wie malträtiert der seekranke Magen: Der Moment, in dem am Horizont die Dame mit der Fackel in der erhobenen Rechten auftaucht, hat noch immer etwas Magisches: Amerika lässt grüßen.

Lady Liberty, die Dame mit dem strengen Gesichtsausdruck und dem üppig drapierten Gewand, ist wohl die berühmteste Empfangsdame der Welt: Generationen von Einwanderern knüpften an sie die Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch das Kuriose: Die Freiheitsstatue ist beileibe keine amerikanische Erfindung. Die Dame am Hafen ist selbst eine Einwanderin! Die Franzosen haben sie den Amerikanern gleichsam aufgeschwätzt: Als Geschenk, das die Beschenkten zunächst nicht einmal haben wollten.

Geboren wurde die Idee in einem Pariser Vorort. Bei einem vornehmen Diner schwadronierten zwei Männer über das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" und den "verheißungsvollen Geist der Neuen Welt": der junge Bildhauer Fréderic-Auguste Bartholdi und der republikanische Politiker Édouard René Lefebvre de Laboulaye. Ihre Idee: Frankreich könnte doch der soeben im Bürgerkrieg schwer geprüften amerikanischen Republik ein Monument stiften. Es sollte die Idee der Freiheit verherrlichen.

Zunächst war die Rede von einer Geschenkmünze aus Gold. Doch wie das eben so ist: Ein paar Gläser Rotwein und ein paar Stunden später - und schon war aus dem netten kleinen Einfall ein gigantischer Entwurf geworden: ein Riesendenkmal aus Kupfer und Eisen. Eine Lichtgestalt für den New Yorker Hafen mit einem siebenstrahligen Kranz auf dem Kopf!

Dem Bildhauer Bartholdi kam die Idee mehr als zupass. Konnte er für Lady Liberty doch eines seiner alten, unverwirklichten Projekte aus der Schublade hervorholen: eine kolossale Ägypterin mit Fackel in der Hand, die als Leuchtturm an der nördlichen Einfahrt zum Suezkanal thronen sollte. Dummerweise hatten die Araber nicht das geringste Interesse daran gehabt. Und so hauchte Bartholdi seiner gescheiterten Ägypterin neues Leben ein und modifizierte den Titel: Aus: "Fortschritt, das Licht nach Asien tragend" wurde: "Freiheit, die Welt erleuchtend" - "Liberty Enlightening the World".

Bartholdi also schuf die kupferne Außenhaut und gab der Hafen-Lady ihr markantes Gesicht. Für die Eingeweide engagierte man den späteren Turmbauer Gustave Eiffel: Der geniale Tüftler bastelte im hohlen Innenraum der Statue ein raffiniertes Trägersystem aus Eisen, das der Dame bis heute Standfestigkeit verleiht.

Als sie schließlich in einem Pariser Hinterhof zur Probe zusammengeschraubt wurde, wog sie über 200 Tonnen und war fast 50 Meter hoch. Das Dilemma: Amerika war gar nicht scharf auf das transatlantische Symbol. Erst als man glaubhaft versicherte, dass das "Topmodel, made in France" die Beschenkten wirklich keinen einzigen Cent kosten würde, versprachen die Amerikaner, das Fundament und den Sockel zu finanzieren. Und so etwas kann dauern.

So kam es, dass der ursprünglich anvisierte Termin - das Jahr 1876, pünktlich zur 100 Jahr-Feier der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung - längst verstrichen war, als die Freiheitsstatue endlich verschifft werden konnte: Mit einer Verspätung von ganzen zehn Jahren ereichte sie, sorgsam in ihre Einzelteile zerlegt und verteilt auf 214 Kisten, den Hafen von New York. Das war am 17. Juni 1886.

Übrigens: Nur wenige Wochen zuvor, war schon einmal amerikanische Geschichte geschrieben worden: Ein findiger Geschäftsmann hatte in Atlanta zum ersten Mal ein Getränk namens Coca Cola über den Tresen geschoben. Das dunkelbraune Gesöff und die mintgrüne Kolossal-Frau - zwei Newcomer, die zu den Symbolen amerikanischer "Herrlichkeit" schlechthin aufsteigen werden.


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