Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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17. Januar 1911 Francis Galton gestorben, Gebetsforscher

Hilft es zu beten? Etwa um ein langes Leben? Francis Galton wollte es genau wissen und rückte der Frage mit aufwendigen Statistiken zu Leibe. Am 17. Januar 1911 ist er gestorben - mit fast 89 Jahren. Dank vieler Gebete?

Stand: 17.01.2012 | Archiv

17 Januar

Dienstag, 17. Januar 2012

Autor(in): Thomas Morawetz

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Thomas Morawetz

Hilft Beten? Bekommt man also das, was man will, häufiger, wenn man darum betet, als wenn man nicht darum betet? Eine sehr seltsame Frage, denn wie um alles in der Welt soll man das schon herausfinden? Doch Francis Galton war sich sicher: Man kann es sogar sehr leicht herausfinden! Alles, was man braucht, sind genügend Daten für eine handfeste Statistik.

Galton wird 1822 in Birmingham geboren, als neuntes Kind der Familie. Seine Schwestern rangeln so wild darum, sich mit ihm beschäftigen zu dürfen, dass die Mutter mit der Uhr in der Hand die Schichten einteilen muss. Vorläufiges Ergebnis: Der kleine Francis wird ein Wunderkind. Mit gut zwei Jahren kann er Bücher lesen, mit vier dividieren und multiplizieren.

Später wird er zunächst Arzt, Afrika-Forscher, Geograph und vor allem ist er begeistert von der Mathematik. So veröffentlicht er mit 50 Jahren einen Aufsatz, für den er Unmengen von Material gesammelt hat: „Statistische Untersuchungen über die Wirksamkeit von Gebeten“. Galtons Methode ist verblüffend einfach: Er vergleicht die Lebenserwartung von Mitgliedern des Königshauses mit der von Geistlichen, Anwälten, Medizinern, dem Landadel, und so weiter. Wenn also Gebete etwas helfen, so Galton, dann müssten die Royals auf jeden Fall am längsten leben. Für sie beten nämlich alle Untertanen, regelmäßig und wörtlich mit der Formulierung: „Gib ihnen Gesundheit und ein langes Leben“. Und? Totaler Fehlschlag! Von allen untersuchten Gruppen liegen ausgerechnet die Royals ganz hinten. Ganz vorne dagegen: der Landadel; und Galton vermutet - weil der so eine ruhige Kugel schieben kann. Was er sogar noch untermauert: Der Klerus liegt nämlich auf den ersten Blick auch weit vorne. Aha, könnte jetzt der Gebets-Optimist jubeln! Kein Wunder, dort wird ja auch berufsmäßig gebetet, hilft also doch etwas! Aber: Nein, sagt Galton, wenn man nämlich die vielen eher ungestressten Landgeistlichen aus der Gruppe der Geistlichen herausrechnet, zeigt sich, dass die gestresste Prominenz, die übrig bleibt, eine lausige Lebenserwartung hat.

Und Galton ist noch lange nicht fertig. Zum Beispiel: Schiffe von Sklavenhaltern gehen nicht öfter unter also die von Missionaren, obwohl für die letzteren doch sicher mehr gebetet würde; und wohl am niederschmetterndsten: Nachweislich helfe es auch nichts, für sein Geld zu beten, weder als Anleger noch als Bankdirektor. Und überhaupt: Wenn sich schon jemals der Verdacht erhärtet hätte, dass Gebete etwas nützen, hätte dann nicht schon längst die Versicherungswirtschaft darauf reagiert? Weil, wer oft um ein langes Leben betet und deshalb entsprechend alt wird, müsste dann natürlich auch höhere Prämien für die Lebensversicherung zahlen. Es ist den Versicherungen aber völlig wurscht, wer wie viel betet, obwohl sie sonst durchaus alles Mögliche wissen wollen.

Die Begeisterung über Galtons Studie ist gering, aber seine weitere Karriere als Wissenschaftler verläuft traumhaft. Er veröffentlicht die erste Wetterkarte, räsoniert über die Vererbung geistiger Eigenschaften und ist auf etlichen Gebieten immer der Erste, in der Psychologie, der Statistik und so weiter. Am 17. Januar 1911 stirbt Francis Galton, mit fast 89 Jahren, für die er nicht gebetet hat.

Ein langes Leben. Was beweist das also? Dass Nicht-Beten hilft? Schwer zu sagen, vielleicht einfach nur, dass Gott nicht nachtragend ist.


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