Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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20. Dezember 1795 Papst Clemens XIII. über das Fasten

Fasten schafft geistige Vorteile, stellte Papst Clemens XIII. am 20. Dezember 1759 in einer Enzyklika fest. Doch hatte er dabei auch den ungesunden Schmerbauch des einen und anderen Geistlichen im Auge.

Stand: 20.12.2012 | Archiv

20 Dezember

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Autor(in): Christian Feldmann

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Redaktion: Thomas Morawetz

Es war eine typische Klatschgeschichte aus dem Genre "Wir sind Papst", die da durch die bayerische Presse ging: Ein Promi-Arzt mit guten Beziehungen zu Papst Benedikt durfte bei einer Audienz ein paar Worte mit seinem einstigen Patienten wechseln. Die Frau Doktor aber - die Frau vom Doktor, besser gesagt - äußerte sich danach enttäuscht. Sie hatte doch nicht bloß dem freundlichen älteren Herrn auf dem Stuhl Petri die Segenshand schütteln wollen, sondern auch dessen apartem Sekretär. Sie wissen schon, dieses Bild von Mann, wie Gott ihn ganz am Anfang ins Paradies setzte - angeblich. Denn keiner weiß, wie Adam ausgesehen hat, ob er nicht ein armseliges Zwetschgenmannderl gewesen ist - wofür seine blöd-devote Haltung Eva und der Schlange gegenüber spricht.

Schmerbäuchige Oberhierarchen

Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, der sportive Papstsekretär mit dem Waschbrettbauch. Nun sollte man nicht so unfair sein und den Monsignore - der früher die höchst unerotische Profession eines Kirchenrechtlers ausübte - zur absoluten Ausnahmeerscheinung in einem mehrheitlich der Völlerei huldigenden Klerus machen. Gewiss ähneln manche schmerbäuchige Oberhierarchen nicht nur im katholischen Lager eher den kugelrunden Mönchlein auf Spitzwegs Ölbildern, aber die ranken Asketen und die schwerfälligen Übergewichtigen sind unter den frommen Hirten wohl ebenso ausgewogen verteilt wie in der ungeweihten Normalbevölkerung.

Früher einmal, da traf das böse Vorurteil vielleicht eher zu. Der französische Historiker Michel Rouche hat in allen möglichen Archiven geforscht und herausgefunden, dass im 10. Jahrhundert ein Mönch der Pariser Abtei St. Germain-des-Prés im Schnitt exakt 6.882 Kalorien pro Tag verzehrte. Hin- und hergerissen zwischen asketischem Ideal und armseliger Realität, wohl auch angetrieben von der damals allgegenwärtigen Angst vor der nächsten Hungersnot, flüchteten die Gottesmänner früherer Zeiten in die Fresssucht.

Bis zu zwei Kilo Brot und süßes Gebäck, ein halbes Dutzend Eier, anderthalb Liter Wein sollen sie jeden Tag geschafft haben. Ob der kulturell aufgeschlossene Papst Clemens XIII. daran etwas ändern konnte, als er am 20. Dezember 1759 seine Enzyklika "Appetente sacro", "Über die geistigen Vorteile des Fastens", veröffentlichte?

"An euch ist es also, Ehrwürdige Brüder …"

Carlo della Torre di Rezzonico, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, stammte aus einer Familie, die sich den venezianischen Adelstitel um teures Geld gekauft hatte. Er förderte zum Ärger sämtlicher Kirchengegner den Jesuitenorden, setzte die aufgeklärte Enzyklopädie von Denis Diderot auf den Index, sorgte aber auch für die Ansiedlung deutscher, französischer und englischer Künstlerkolonien in Rom. Was in seiner Enzyklika steht, könnten eigentlich auch die Weight Watchers unterschreiben: Wer den alten Menschen ablegen, mit einem "lästerlichen Lebenswandel" brechen und die "Unbeherrschtheit des Leibes" im Zaum halten wolle, werde kaum ein besseres Mittel dazu finden als das Fasten.

Bei Papst Clemens ist das natürlich spirituell unterfüttert: "Dem Leibe nach abgestorben und mit Christus begraben", sollen die Fastenden in ein "neues Leben des neuen Menschen" eintreten. Auffallend ist aber seine Ermahnung an die Bischöfe zum Schluss: "An euch ist es also, Ehrwürdige Brüder, eurem Volke mit Wort und Beispiel voranzugehen!" Er kannte sein Personal, der Papst Clemens.


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