Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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13. Juli 1930 Erste Fußballweltmeisterschaft angekickt

Angepfiffen ist schnell was. Ausgepfiffen auch. Die erste Fußballweltmeisterschaft - der Welt - findet in Uruguay statt. Der Ball allerdings läuft da insgesamt noch nicht ganz rund. Autor: Johannes Roßteuscher

Stand: 13.07.2016 | Archiv

13 Juli

Mittwoch, 13. Juli 2016

Autor(in): Johannes Roßteuscher

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Wenn man die Fußball-Rekordweltmeister aufzählt, kommt an einer Stelle immer ein gewisses Stutzen… Brasilien, fünf Titel; Italien und Deutschland je vier, dann Argentinien mit zwei und: Uruguay, ebenfalls zwei WM-Titel. Uruguay? Tja, Uruguay war im Fußball mal eine Großmacht. Bei den olympischen Spielen 1924 in Paris - bevor es überhaupt Weltmeisterschaften gab - schoss die uruguayische Mannschaft in vier Spielen 18 Tore und gewann Gold. Und 1928 in Amsterdam gleich nochmal. Weil aber die Olympischen Fußballspiele bei den Zuschauern so gut ankamen, und weil in Südamerika schon Halbprofis kickten, entschied die FIFA sich Ruhm und Geschäft unter den Nagel … pardon, endlich die seit längerem geplante Weltmeisterschaft für die besten Fußball-Nationen abzuhalten. Und zwar möglichst schnell, gleich 1930. Uruguay bekam den Zuschlag.

Anpfiff Uruguay

Das war praktisch, weil das Land in dem Jahr auch sein 100-jähriges Bestehen feiern würde. Die europäischen Fußballnationen reagierten auf die Vergabe verschnupft: Die meisten reisten gar nicht erst an. Lediglich die Mannschaften aus Belgien, Frankreich, Jugoslawien und Rumänien schifften sich ein, allesamt auf dem gleichen Luxusliner. Die Jugoslawen trainierten zweimal am Tag an Deck, und wurden dafür von begeisterten Mitreisenden so oft zu Ess- und Trinkgelagen eingeladen, dass Torwart Jakcic während der Überfahrt 16 Kilo zulegte. Vielleicht hatte er sich auch gezielt Winterspeck angefuttert, denn als das Schiff Montevideo erreichte, schneite es.

Flanke im Schnee

In Südamerika war schließlich Winter, die FIFA machte sich schon damals ungern Gedanken über das Wetter in fremden Ländern. Schon eingetroffen waren die Gegner: Neun Teams aus allen Teilen Amerikas, darunter Brasilien, die USA, Mitfavorit Argentinien und Gastgeber Uruguay.

Am 13. Juli 1930 wurde das Eröffnungsspiel angepfiffen, Frankreich gegen Mexiko, bei Schneegestöber und vor nur 4444 Zuschauern. Gespielt wurde in einem Ausweichstadion, weil das eigens für die WM errichtete Jubiläumsstadion Estadio Centenario mit 100.000 Plätzen noch eine Baustelle war. Immerhin wurde das Centenario noch während des Turniers fertig - und muss dann eine Wahnsinns-Kulisse abgegeben haben: von vier Säulen erschallte laute Tangomusik, die Zuschauer schossen pausenlos in die Luft, wozu hatten sie schließlich ihre Pistolen dabei?

Zurück zum Eröffnungsspiel: Frankreich gewann 4:1 gegen Mexiko, und von da an lief für die Europäer nicht mehr viel zusammen. Ins Endspiel kamen, dank ihrer Spielkunst und einiger skandalöser Schiedsrichterentscheidungen, die Favoriten: Uruguay und Argentinien. Das Finale glich dann eher einem Gefecht als einem Fußballspiel. Mehrere argentinische Spieler bekamen Morddrohungen, der belgische Schiedsrichter Jean Langenus forderte 2000 Polizisten, persönliche Leibwächter und ein Fluchtboot, das er in 15 Minuten erreichen konnte. Außerdem bestand er darauf, dass vor dem Spiel die Pistolen eingesammelt wurden; es waren insgesamt 1600. Langenus ließ die erste Halbzeit mit einem Ball aus Argentinien spielen, die Gäste gingen dann auch mit 2:1 in Führung. Nach der Pause kam ein Ball aus Uruguay zum Einsatz - die Gastgeber drehten das Spiel und gewannen 4:2. Vermutlich hätte es sonst Tote gegeben. Der WM-Titel für die Gastgeber führte zu wochenlangen Feiern in Uruguay und dem vorübergehenden Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern. 


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