Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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12. Juli 1965 Snoopy schreibt seine erste Zeile als Schriftsteller

Er ist Kampfpilot, Supermarktverkäufer, Eistanztrainer und Haustier. Und er ist der Verfasser eines der exklusivsten Romane der Weltliteratur - Auflage: ein Exemplar. Autor: Frank Halbach

Stand: 12.07.2016 | Archiv

12 Juli

Dienstag, 12. Juli 2016

Autor(in): Frank Halbach

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

"Es war eine dunkle und stürmische Nacht…“ So beginnt er, der Roman "Paul Clifford“ von Edward Bulwer-Lytton.  Der Brite erlangte im 19. Jahrhundert mit dem Historienschinken "Die letzten Tage von Pompeji“ seinerzeit eine unzweifelhafte und unsererzeit eine zweifelhafte Berühmtheit: Man erfand den "Bulwer-Lytton Fiction Contest". Ziel des Wettbewerbs: den schlechtestmöglichen Anfangssatz eines Romans zu schreiben…"Es war eine dunkle und stürmische Nacht…"

Ein Wort pro Tag

Doch ein großer Dichter ist in der Lage auch mit einem solchen Satz ein Meisterwerk zu beginnen, ja es spornt ihn nur noch mehr an, seine Gedanken werden zu Beagles, zu Jagdhunden, von denen es heißt: "Der ausgeprägte Jagdtrieb lässt nur zwei Möglichkeiten, die Jagd zu beenden: durch Beutemachen oder aufgrund von Ermattung."

Der Autor von dem hier die Rede ist, erblickte das Licht der Welt am 4. Oktober 1950 auf einem Bauernhof und hat sieben Geschwister. Sein schriftstellerisches œuvre  begann er am 12. Juli 1965, indem er Bulwer-Lyttons Satz "Es war eine dunkle und stürmische Nacht" zitierte. Er hatte zu diesem Zeitpunkt schon eine Karriere als Pilot hinter sich und als englisches Fliegerass im Ersten Weltkrieg die Welt vor dem Roten Baron beschützt.  Er war bereits zu einem weltberühmten Supermarktkassierer geworden – und von denen gibt es auf der ganzen Welt höchstens ein Dutzend. Und er war ein ebenso weltberühmter Eistanztrainer.

Dann begann er zu lesen: Tolstoi. "Krieg und Frieden" - in der deutschen Übersetzung 1.645 Seiten stark. Aber er las nicht einfach. Er dachte über diesen bedeutsamen Beitrag zur Weltliteratur nach. Er übte geistige Hygiene. Ein Wort. Ein Wort pro Tag. Er las ein Wort pro Tag und dachte darüber nach. Gehen wir von einer Standardseitenformatierung aus, so las und dachte er 600425 Tage.

Nichts konnte ihn davon abbringen, nicht einmal der schreckliche Tag, als sein echter van Gogh, der in seiner Hütte hing zusammen mit seinem Billardtisch verbrannte. Erst dann begann er zu schreiben: …"Es war eine dunkle und stürmische Nacht…"

Eine exklusive Auflage

Das Schicksal wahrer Genies besteht oft darin verkannt zu werden. Die Erstleserin, Sally Brown, ließ kein gutes Haar an diesem Meisterwerk. Und auch der Verleger wollte das Buch nicht. Doch wem der Jagdtrieb nur die Alternative lässt, Beutemachen oder Ermattung, der gibt nicht auf… Dem Verleger ein bisschen Geld schicken? Das sind ja nur Peanuts. Schließlich war der Autor ja auch der erste Beagle auf dem Mond.

Und so ist es schließlich gedruckt worden, das Buch des berühmtesten Beagles der Welt, der dem "kleinen rundköpfigen Jungen" Charlie Brown gehört. Ja, ganz recht, Snoopys Roman ist schließlich gedruckt worden, in der exklusiven Auflage von einem Exemplar!


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