Bayern 2 - Das Kalenderblatt


23

11. Februar 1858 Erste Marienerscheinung in Lourdes

Gibt es Wunder? Bernadette Soubirous hieß das 14-jährige Mädchen, das in Lourdes in den französischen Pyrenäen aufwuchs. Am 11. Februar 1858 sei ihr beim Holzsuchen vor einer Grotte eine schöne Frau begegnet, erklärte Bernadette, die sich als Jungfrau Maria zu erkennen gab.

Stand: 11.02.2011 | Archiv

11 Februar

Freitag, 11. Februar 2011

Autor: Michael Reitz

Sprecher: Andreas Wimberger

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

"Dass da Wunder geschehen, wo Wunder geglaubt werden, ist kein Wunder" - spottete Mitte des neunzehnten Jahrhunderts der Philosoph Ludwig Feuerbach. Gemeint war: Das religiös-spirituelle Wunder bestätigt eine bereits bestehende Vorstellung und ist keine außergewöhnliche Erscheinung. Viel eher ein Phänomen, das sich phantasiebegabte Wesen selbst konstruieren. Doch: Wie kann es dann sein, dass es immer wieder Menschen gibt, die an Wunder glauben? Auch dann, wenn sie sie selbst nicht erlebt haben? Sind Wundergläubige ein Fall für die Psychiatrie? Denn schließlich sind wir erzogen im Glauben an die Wissenschaften, daran gewöhnt, Aufschlüsse über Rätselhaftes von neuen Theorien und Forschungen zu erwarten, aber ganz bestimmt nicht von übersinnlichen Erklärungsmodellen.

Jährlich interessieren sich circa sechs Millionen Menschen herzlich wenig für das Argument, dass Wunder nicht sein können, weil sie in den Wissenschaften nicht vorkommen. Diese Besucherzahl gibt die Verwaltung eines kleinen Städtchens an, das sich wegen eines Wunders in der ganzen Welt größter Beliebtheit erfreut: Die Rede ist von Lourdes in den französischen Pyrenäen, einem der bekanntesten Wallfahrtsorte des katholischen Glaubens. Jenes Wunder, das Lourdes zum Inbegriff des spirituellen Mysteriums werden ließ, ereignete sich nicht etwa in der grauen Vorzeit der Christianisierung, sondern in der Moderne, genauer gesagt am 11. Februar 1858.

Was war geschehen? Die vierzehnjährige Marie Bernardette Soubirous, schwer asthmakranke Tochter eines verarmten Müllers, kam auf der Suche nach Brennholz in den heimischen Wäldern an einer Höhle vorbei. In deren Eingang - so der Bericht des Mädchens - stand eine schöne Frau, die sich als Jungfrau Maria zu erkennen gab. Von der Erscheinung überwältigt, ging Bernadette nun fast jeden Tag dorthin. In ihrer neunten Vision habe die Mutter Gottes ihr dann bedeutet, Gras zu essen - und hier beginnt das eigentliche Wunder. Denn an der Stelle entsprang eine Quelle, die erstaunliche Kräfte besaß und Kranke heilen konnte.

In den darauffolgenden fünf Monaten hatte Bernadette Soubirous noch weitere neun Marienerscheinungen - allerdings war sie dabei nicht mehr alleine. Durch ihre Erzählungen fasziniert, folgten ihr immer mehr Menschen zur Grotte von Lourdes. Knapp drei Wochen nach ihrer ersten Vision waren es bereits achttausend. Dieser Massenauflauf machte die katholische Kirche stutzig. Sie unterzog Bernadette strengsten Befragungen, bis schließlich vier Jahre später der örtliche Bischof ihre Visionen für wahr erklärte. Im Jahr 1933 wurde sie sogar heilig gesprochen.

Was also sind Wunder? Wer sich nur über sie lustig macht, verkennt: Der persönliche und authentische Glaube an Wunder ist unabhängig von wissenschaftlicher Beweisbarkeit. Er ist vielmehr Ausdruck einer inneren Wahrheit, ein emotionales Phänomen, das meist nur die erlebende Person verstehen kann: Gefühlter Glaube, mit den Mitteln des Verstandes nicht zu beschreiben oder gar zu beweisen. Und genau das macht Wunder so wunderbar: Sie entziehen sich aller Wahrscheinlichkeit, jeglicher Planung, sind wider alle Vernunft - und geschehen gerade deshalb. Sie markieren unsere emotionale Empfänglichkeit, den Einbruch des Unerwarteten in eine durch Wissenschaft und Technik entzauberte Welt und sind für denjenigen, der sie erfährt, so wahr wie die Formeln Albert Einsteins.

Bernadette Soubirous wurde nicht geheilt - sie starb jung. Doch dies sagt nichts über die Möglichkeit der Heilung anderer Menschen aus. Wunder sind keine Störfaktoren unserer Erkenntnisfähigkeit, sondern können zur Quelle eines Neuanfangs werden.

Das Kalenderblatt: Montag bis Freitag um 0.05 Uhr und um 9.50 Uhr

Freitag, 11. Februar 2011

Autor: Michael Reitz

Sprecher: Andreas Wimberger

Redaktion: Thomas Morawetz

Wissenschaft und Bildung


23