Bayern 2 - Das Kalenderblatt


1

9. August 1948 Hugo Boss stirbt, Uniformhersteller

Mit nur sechs Nähmaschinen baute Hugo Ferdinand Boss seine Textilfirma auf. Als die Nationalsozialisten Unmengen von Uniformen brauchten, begann das große Geschäft. Am 9. August 1948 ist Hugo Boss gestorben.

Stand: 09.08.2012 | Archiv

09 August

Donnerstag, 09. August 2012

Autor(in): Julia Mahnke-Devlin

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Thomas Morawetz

Einen Anzug von Hugo Boss hat so mancher Jungmanager, der etwas auf sich hält, im Schrank hängen. Vor siebzig Jahren fertigte der findige Schwabe jedoch Arbeitskleidung ganz anderer Art. Damals belieferte Hugo Boss die Reichszeugmeisterei, die zuständig war für die Uniformierung des "Tausendjährigen Reiches".

Sechs Nähmaschinen

1924 hatte Hugo Ferdinand Boss im schwäbischen Metzingen eine Fabrik für Arbeitskleidung gegründet. Dann kam die Wirtschaftskrise und mit ihr der Konkurs der Firma. Nach zähem Verhandeln ließen ihm seine Gläubiger sechs Nähmaschinen. Damit wagte er einen Neuanfang - mit den sechs Nähmaschinen und dem Vertrauen darauf, dass die Partei, der er 1931 beitrat, schon alles richten würde. Für die Textilfirma Hugo Boss war es tatsächlich der entscheidende Kick. Denn die NSDAP belohnte ihre treuen Mitglieder. Schon vor der Machtübernahme erhielt Boss Lieferaufträge für die schwarze SS-Uniform mitsamt Schirmmütze und Totenkopf-Accessoires und schneiderte drauflos, obwohl er sich damit außerhalb des Gesetzes begab. Paramilitärischen Gruppen war es nämlich in der Weimarer Republik verboten, Uniformen zu tragen.

Nach der Machtübernahme, als der Uniformrausch dann voll loslegte, ging es richtig bergauf mit der Firma. Uniformen brauchte man viele: für die SS, die SA, die Hitlerjugend, den Bund Deutscher Mädel, das nationalsozialistische Motorkorps, die Wehrmacht. Nur genehme Firmen erhielten die begehrte Lizenz der Reichszeugmeisterei. Hugo Boss war eine davon.

Mit den Aufträgen kamen Vergünstigungen. So erhielt Boss kontingentierte Rohstoffe wie Wolle oder Baumwolle. Auch bekam er Zwangsarbeiterinnen und Kriegsgefangene zugewiesen, die den Betrieb am Laufen hielten, als schon längst die meisten seiner schwäbischen Arbeiter an der Front kämpfen mussten.

Mitläufer

Im Frühjahr 1945 besetzten die Franzosen das Ländle. Und weil Boss sein Handwerk gut verstand, beschäftigten die neuen Herren ihn gleich weiter und verpflichteten ihn, Arbeitsanzüge für die französische Luftwaffe zu fertigen, Uniformen für die französische Armee und das französische Rote Kreuz. Hugo Ferdinand Boss wurde vor ein Entnazifizierungs-Gericht gestellt. Ein aktiver Nazi zu sein, stritt er ab. Er legte Revision ein, als man ihn als "belastet" verurteilte. In zweiter Instanz wurde er lediglich als "Mitläufer" eingestuft, doch darüber hat er sich nicht mehr lange freuen können. Er starb an einem vereiterten Zahn am 9. August 1948.

Die Firma Hugo Boss wurde von Sohn und Schwiegersohn weitergeführt. Die Enkel des Firmengründers vollzogen schließlich eine äußerst gelungene Markenpositionierung im Luxussektor. Weg von schwarzem Tuch, Reiterhosen, Schaftstiefeln und Totenkopf. Schirmmützen sind auch nicht mehr im Programm. Das einzige, was allenfalls noch ein wenig an das frühere Sortiment erinnern könnte, ist ein Parfumflakon in Form einer Armee-Trinkflasche. Doch der darin enthaltene Duft - laut Kennern rauchig-ledrig mit zimtiger Bratapfelnote und aquatischen Obertönen - lässt nicht mehr an verschwitzte Uniformen denken. Eher an lässige Grillabende in stylischen Klamotten.


1