Bayern 2 - Das Kalenderblatt


3

9. Februar 1923 Franz Lehárs "gelbe Jacke" feiert Premiere

"Gelbe Jacke"? Nie gehört? Klar, denn wenn Franz Lehár Mikado mit Madame Butterfly gen Asien folgt, ist man im "Land des Lächelns“, wo man statt nur Duft aus dem Haar ein ganzes Herz gewinnt. Autor: Markus Vanhoefer

Stand: 09.02.2016 | Archiv

09 Februar

Dienstag, 09. Februar 2016

Autor(in): Markus Vanhoefer

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Erfolg ist keine Frage von Qualität, gerade in der wankelmütigen Welt des Musiktheaters. Nicht jedes Stück, das floppt,  muss  grundsätzlich schlecht sein. Denn so manches, was dem  Publikum zunächst missfällt, hat trotzdem das Potential zum Megahit - sofern man es unter den richtigen Rahmenbedingungen ins Rampenlicht stellt. Die Operette "Die gelbe Jacke", ist ein Beispiel für dieses Phänomen. Sie zeigt, welch Wunder geschehen kann, wenn ein Kunstwerk eine zweite Chance erhält.

Wien, 9. Februar 1923. Es  ist eine Premiere, die viel versprach und wenig hielt. Ernüchterung macht sich bereit,  als sich im "Theater an der Wien" der Vorhang  nach Franz Lehárs  "Gelber Jacke" senkte. Der Funke zwischen Werk und Publikum will einfach nicht zünden, die Resonanz der Presse ist lau und so verschwindet die "komische Oper" schon bald in der Mottenkiste des Vergessens.

Maßgeschneidert - aber falsche Farbe?

So heil die Herz-Schmerz-Welt der Unterhaltungsmusik  für den Zuhörer auch sein mag, für die Macher ist sie ein knallhartes, unkalkulierbares Geschäft. Deshalb muss  die Enttäuschung  über das Scheitern der "Gelben Jacke" groß gewesen sein, denn genau genommen ist  das Werk aus dem Stoff geschneidert, aus dem man Theater-Hits fabriziert.

Da sind auf der einen  Seite  der Komponist Franz Lehár und sein Librettist Victor Léon. Beide gelten als Garanten für klingelnde Kassen, denn ihre "Lustige Witwe" ist die mit Abstand meistgespielte Operette jener Zeit. Alleine im Jahr 1910 hatte sie es auf 18.000 Aufführungen gebracht.

Da ist  auf der anderen Seite ein Sujet, das auf geschickte Weise Exotik und Erotik verbindet und damit dem Zeitgeist zu entsprechen schien.

Umgeschneidert zum "Land des Lächelns“

Die Geschichte der "Gelben Jacke", in der sich die Tochter des Grafen Lichtenfels in einen chinesischen Prinzen verguckt um dem Angebeteten nach Peking zu folgen, hatte sich Victor Léon bereits 1916 ausgedacht. Der Einfall kam ihm, als er in einer Berliner Zeitung las, der erste Attaché der chinesischen Botschaft, Herr Hsüeh Chi Tschong, habe sich mit einem Fräulein Zenoth aus Charlottenburg vermählt. Eine andere Anekdote erzählt, die Operetten-Jacke sei entstanden, als ein Diplomat  aus dem Reich der Mitte der Librettisten-Gattin galant den Hof gemacht habe. 

Gelber Mann liebt weiße Frau. Hatten es nicht Puccini mit seiner "Madame Butterfly" oder Arthur Sullivan mit dem "Mikado" vorgemacht, wie man mit fernöstlichem Flair den Nerv eines europäischen Publikums trifft?

Trotz des Misserfolgs von 1923 ist  Franz Lehár nicht bereit, die "Gelbe Jacke" für immer auszumustern. Er schreibt einige Passagen seiner Musik um und setzt zwei neue Autoren, Ludwig Herzer und Fritz Löhner-Beda, an eine Umarbeitung des Texts.

Die recycelte Operette feiert im Oktober 1929 ihre  zweite Uraufführung  im Berliner Metropol-Theater und wird  unter dem griffigen Titel "Land des Lächelns"  zum gigantischen Triumph. 

Im Zentrum des Werks steht eine Arie, die der Tenor Richard Tauber zu einer der großen Melodien des 20. Jahrhunderts macht: "Dein ist mein ganzes Herz, wo du nicht bist, kann ich nicht sein". Der ursprüngliche Text hatte noch folgendermaßen gelautete: "Duft strömt aus deinem Haar und deine Haut ist wie Parfüm…"


3