Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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3. November 1914 Der Büstenhalter wird in den USA patentiert

Ein Wäschestück mit Stützfunktion. "Frauenkörperbezwingungsinstrument" oder medizinisch sinnvolle Entlastung des Rückens? Autorin: Isabella Arcucci

Stand: 03.11.2016 | Archiv

03 November

Donnerstag, 03. November 2016

Autor(in): Isabella Arcucci

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Schon um das Jahr 1200 trällerte Wolfram von Eschenbach: "Wie Ameisen pflegen in der Mitte schlank zu sein, so schlank war auch das Mägdelein!" Für so eine "Ameisentaille" mussten Frauen in den vergangenen Jahrhunderten in Kauf nehmen, dass innere Organe durch ein Korsett abgequetscht, oder rigoros verschoben wurden. Wen interessierte es schon, wo im Körper sich gerade die kleine, halbzerquetschte Leber aufhielt, wenn der Kavalier die entzückende Taille seiner Dame mit zwei Händen locker umfassen konnte?

Zwei Taschentücher für die Befreiung der Frau!

Doch im Jahr 1914 wurde das Ende dieses Modewahnsinns eingeläutet. Denn Mary Phelps Jacob, Tochter aus reichem New Yorker Hause, hatte etwas tolles erfunden: einen BH, bestehend aus Schnüren und zwei Taschentüchern! Den musste sie freilich gleich patentieren lassen und zwar am 3. November 1914. Mary Phelps Jacob gilt damit bis heute gemeinhin als jene Heldin, welche die Frauen vom Zwang des Korsetts befreite. Was so leider nicht ganz stimmt. Denn schon Jahre vor Ms. Jacobs Zwei-Taschentücher-Idee gab es zahlreiche Büstenhalter-Konstruktionen und Patente. Nur leider war die Zeit lange noch nicht reif für eine Befreiung der Frau aus dem Korsett. Auch Mary Phelps Jacob hatte ihren BH eigentlich nur aus Eitelkeit erfunden, da sich die Stäbe, die ihr Korsett stabilisierten, unter einem neuen Abendkleid so ungünstig abmalten und sie einen Ersatz brauchte, um ihr Dekolletee dennoch in Form zu bringen.

"Böse Mädchen" tragen keinen Büstenhalter

Ms. Jacob verkaufte schon bald das BH- Patent an eine große Firma. Während die den Büstenhalter zu einem weltweiten Verkaufsschlager weiterentwickelte, widmete sich seine Erfinderin anderen Projekten. Mary Phelps Jacob, die sich später Caresse Crosby nannte, gab als Verlegerin Hemingways Werke heraus, schrieb Porno-Romane, reiste durch die Welt und frönte hemmungslos dem Opium.

Eben alles Dinge, die "böse Mädchen" so machen, vor allem jene, die sich frech weigern, einen BH zu tragen. Denn schon bald löste der BH das Korsett als Frauenkörperbezwingungsinstrument ab. Ob zum Plattdrücken der Brüste, wie in den 20er Jahren modern, oder zum Hochschnallen, prall und prächtig, wie alljährlich auf der Wies`n zu bewundern. Es klingt also nur logisch, dass Ende der 60er Jahre Feministinnen haufenweise ihre BHs öffentlich verbrannt haben sollen. Leider auch das nur ein sich hartnäckig haltendes Pressemärchen. Denn: jede Frau, die etwas mehr "Holz vor der Hütt`n" hat als in zwei Taschentücher passt, weiß, dass ein gut sitzender BH den Rücken entlastet. Und das alles ohne Gefahr für die inneren Organe. Ein wahrer Segen also. Und diesen haben die Frauen letztendlich wem zu verdanken?

Den Männern! Denn ohne sie wäre das Korsett nie aus der Mode gekommen. 1917 appellierte die amerikanische Kriegsindustriebehörde an die Frauen, auf Korsetts zu verzichten, da man die dafür verwendeten Metallstäbe für die Waffenproduktion bräuchte. Aus den so eingesparten 28000 Tonnen Metall konnte dann tatsächlich der Männer liebstes Spielzeug gebastelt werden: zwei pralle, prächtige Kriegsschiffe!


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