Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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2. August 1969 Raumsonde Mariner 7 fotografiert den Mars

Am 2. August 1969 nimmt die amerikanische Sonde Mariner 7 die ersten präzisen Bilder vom Mars auf, die zeigen, wie die Oberfläche des Planeten aussieht. Autor: Florian Hildebrand

Stand: 02.08.2016 | Archiv

02 August

Dienstag, 02. August 2016

Autor(in): Florian Hildebrand

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Das Foto vom ersten Schuhabdruck eines Menschen auf dem Mond. Die ersten präzisen Aufnahmen von der Oberfläche des Planeten Mars. Was für einen Sturm unterschiedlichster Gefühle müssen diese Bilder ausgelöst haben. 1969. Innerhalb von zwei Wochen verändert sich - auf den Punkt gebracht - das Bild des Menschen von seiner Welt.

Aufbruch

Was für ein Aufbruch: Der Mensch hat die Erde komplett verlassen und ist auf einem anderen Himmelskörper gelandet. Urängste mussten da überstanden und überwunden werden. Niemand zuvor hatte es gewagt, sich von seinem Heimatplaneten zu verabschieden. Niemand hatte sich getraut, sich mit Millionen von Pferdestärken Schubkraft gewaltsam aus der irdischen Einflusssphäre herauszudrücken, alles mitzunehmen, Wasser, Luft, Luftdruck, Essen und Trinken sowieso und auf einer absolut lebensfeindlichen puren Gesteinskugel Station zu machen.

Und dann nicht mal vierzehn Tage später kommen Präzisionsbilder vom Roten Planeten. Der ist bis zu 400 Millionen Kilometer von der Erde entfernt und mit 87.000 Stundenkilometern im Planetensystem unterwegs. Den muss man erst mal ordentlich treffen mit so einem Gerätchen von ein paar Metern Größe. Das war etwa so, als wollte man ein Staubkorn aus dem hintersten Sibirien in eine Umlaufbahn um das Kolosseum in Rom schicken. Geforderter Abstand von der Umfassungsmauer: 4 Meter 53 Zentimeter und 67 Millimeter.

Und dann die Bilder. Fotos vom Mars gab es ja schon vorher, von sowjetischen und amerikanischen Sonden, aber die waren ziemlich verwaschen. So viel hatte schon dreihundert Jahre zuvor Galileo Galilei in seinem Fernrohr vor Augen gehabt. Aber jetzt: Kraterränder, riesige Vulkane, staubtrockene, flussähnliche Täler, chaotisches Gelände...

Die amerikanische Raumsonde Mariner 7 nahm erstmals ungefähr ein Fünftel der gesamten Marsoberfläche auf. Erste Bilder schoss die Sonde am 2. August 1969.

Sinnloses Räderwerk

Mit Mariner 7 war ein ganzes Labor unterwegs. Die entsprechenden Geräte nahmen vom Mars Temperatur, Bodendruck, Zusammensetzung der Atmosphäre und … keinerlei Hinweise auf Wasser auf. Mariner 7 fegte endgültig die alte Mär von den Marskanälen vom Tisch, mit denen der italienische Astronom Giovanni Schiaparelli Ende des 19. Jahrhundert der Welt einen Floh ins Ohr gesetzt hatte.  Nicht zuletzt diese angeblich künstlichen Wasserläufe waren es ja gewesen, die erstmals den sich bis heute haltenden Verdacht genährt hatten, es gebe Leben auf dem Mars.

Die Marsbilder, die Fotos von der Erstbegehung des staubtrockenen Mondes - sie hatten die Menschheit von der eigenen Grandiosität berauscht: die Eroberung des Weltraums, der Mut, mit gewaltigem Raketendonner jene vorgeblich absolute Lebensgrenze kühn, ja waghalsig zu durchstoßen.

Diese Bilder haben aber noch etwas viel Wichtigeres angestoßen: das Bewusstsein von dem einmaligen und höchst verletzlichen Planeten Erde. Das Sonnensystem da draußen, das konnte man sich jetzt direkt vor Augen halten, ist ein sinnloses Räderwerk von kreisendem, totem Material, Staub und Stein, nichts sonst. Hingegen die Erde: saftig grün, sonnenstrahlend, triefend vor Regen, unter dem alles blüht und gedeiht, angenehm warm, schneekalt, und das Ganze im jahreszeitlichen Wechsel. Seit diese Bilder zur Erde gefunkt wurden, wissen wir: Die Erde ist ein sehr begrenzter Spielplatz des Lebens.


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