Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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2. Juli 1566 Nostradamus stirbt

Davon geht die Welt nicht unter. Das weiß man mittlerweile. Eigentlich. Aber trotzdem bleibt da so ein seltsames Gefühl, wenn einer wie Nostradamus vorhersagt, dass vielleicht doch ...

Stand: 02.07.2014 | Archiv

02 Juli

Mittwoch, 02. Juli 2014

Autor: Herbert Becker

Sprecher: Johannes Hitzelberger

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Man kann von Nostradamus halten, was man will, aber eins muss man ihm lassen: Er hat klare Worte zu Papier gebracht. Jedenfalls, was sein Testament angeht. In dem hat er verfügt, dass seine Frau ein Drittel seines Hauses bewohnen darf und dass sie den gesamten Hausrat erben soll; was zu diesem Hausrat zählt, ist bis hin zum letzten Salzstreuer haargenau aufgelistet.

Möglicherweise konnte der berühmte Arzt und Astrologe seinen letzten Willen deshalb so genau formulieren, weil er reichlich Zeit hatte, sich auf sein Ableben einzustellen. Immerhin soll er über prophetische Fähigkeiten verfügt haben, also hat er vielleicht auch seinen eigenen Todestag, den 2. Juli 1566, vorausgesehen.

Immer vage bleiben

So plausibel das klingt, es ist unwahrscheinlich. Erstens war Nostradamus seit Jahren krank und wusste auch so, dass es mit ihm dahingeht, zweitens blieben seine Voraussagen grundsätzlich im Bereich des Vagen. In den mehr als neunhundert Vierzeilern seiner "Prophezeiungen" tauchen nur ganz wenige konkrete Jahreszahlen auf; eine davon ist 1999. Für 1999 kündigt er das Erscheinen eines Schreckensherrschers an. Wen er damit gemeint haben könnte? Keine Ahnung. Angela Merkel kommt nicht in Betracht, die wurde erst 2000 CDU-Vorsitzende. Wladimir Putin etwa, der damals das Amt des russischen Ministerpräsidenten übernahm ... ?

"Alles Quatsch!", meinen gestandene Nostradamiker, "1999 war das Jahr mit der totalen Sonnenfinsternis!"

Manche meinen auch ganz etwas anderes. Ja, weil Nostradamus´ Prophezeiungen eben verschlüsselte, interpretationsbedürftige Botschaften sind! Aber das ist ja das Schöne: jeder kann seinem eigenen weltanschaulichen Standpunkt entsprechend in sie hineingeheimnissen, was er will - und trotzdem stellt sich in jedem Fall heraus, dass Nostradamus Recht hatte! Es stellt sich zwar immer erst nachträglich heraus, aber ... pfff.

Immer Recht haben

Wahrscheinlich unterscheidet sich Nostradamus nicht groß von den Esoterikern unserer Tage. Neben den "Prophezeiungen" hat er Schriften wie "Das Schminken und die Gerüche" oder "Das Buch des Einmachens" verfasst, er hat Duftwässerchen und Salben gegen jedwedes Leiden entwickelt, schlechte Laune mit Rosmarin und die Pest mit Rosenpastillen bekämpft und die Bewegungen der Gestirne gedeutet. Und genau wie die Heutigen stieß er bei den einen auf unbedingten Glauben, bei den anderen auf erbitterte Ablehnung.

Seine Zeit hatte aber auch viel mit der unseren gemein: Eine alte Ordnung ging verloren, Werte wandelten sich rapide, der Glaube an Übersinnliches, an Magie und Astrologie blühte. Manche erkannten das und appellierten an die Vernunft ihrer Mitmenschen. Der französische Humanist Julius Caesar Scaliger zum Beispiel warnte Frankreich eindringlich vor Nostradamus. "Begreifst du nicht", rief er, "dass dieser schmutzige Halunke nur Narrenspiel mit dir treibt?"

Doch Nostradamus mit seinen düster wabernden Voraussagen war bei weitem nicht der einzige Gaukler auf dem Markt der Pseudowissenschaften. Auch in Deutschland traten sie auf - und fanden keineswegs nur Anhänger. Einer ihrer prominentesten Gegner war Martin Luther. Der meinte: "Es ist ein Dreck mit ihrer Kunst!"


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