Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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2. Juni 1896 Guglielmo Marconi beantragt Patent zur Übertragung elektrischer Impulse

Nobelpreisträger für Physik und zum Marchese geadelt. Guglielmo Marconi, "Erfinder" der Radiowellen. Als er starb wurde sämtlicher Fundverkehr ihm zu Ehren für zwei Minuten ausgesetzt. Autor: Hellmuth Nordwig

Stand: 02.06.2016 | Archiv

02 Juni

Donnerstag, 02. Juni 2016

Autor(in): Hellmuth Nordwig

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Wer hat's erfunden? Die Frage ist beliebt, die Antwort nicht immer. Vor allem wenn sie lautet: Mehrere. Doch so kompliziert ist die Wahrheit eben manchmal. Zum Beispiel bei der Erfindung einer Apparatur, mit der Radiowellen in den Äther geschickt und hörbar gemacht werden können. Denn was zur Grundlage des Rundfunks werden sollte, hat mindestens drei Väter.

Geheimnisvolle Wellen

Da ist einmal der Russe Alexander Stepanowitsch Popow. Wie viele andere begeistern ihn in den 1890er-Jahren die elektromagnetischen Wellen. Gerade entdeckt von Heinrich Hertz, der den Physikern auf der ganzen Welt dadurch eine faszinierende Spielwiese eröffnet. Der größte Teil davon ist für uns unsichtbar. Doch Popow baut einen Apparat, der sie einfängt und dadurch eine Glocke zum Klingen bringt. Das demonstriert er im Mai 1895 in Sankt Petersburg: Mit Strom erzeugt er die geheimnisvollen Wellen - und die lassen wie von Geisterhand eine Klingel am anderen Ende des Hörsaals schrillen. Bald darauf sendet Popow eine ganze Morsebotschaft, und das gleich 250 Meter weit. Über ein Kabel ging das schon lange, nun also auch durch die Luft.

Zur gleichen Zeit fesseln die mysteriösen Wellen auch einen jungen italienischen Schulabbrecher. Guglielmo Marconi lässt das Abitur sausen, hat also viel Zeit für Experimente. Platz ist auch genug da, im Keller des Landguts seiner Eltern bei Bologna. Marconi schafft es im gleichen Sommer wie Popow, elektromagnetische Wellen zu erzeugen und in einiger Entfernung durch ein Läuten hörbar zu machen. Mit seinen Apparaten zieht er in die Schweizer Alpen und heuert dort einen Zehnjährigen an. Der soll sich mit der Klingel immer weiter entfernen und ist schon bald außer Rufweite. Also schwenkt er ein Taschentuch, wenn es läutet. Auf diese Weise überbrückt Marconi mit seinem Sender eineinhalb Kilometer. Das könnte die Post interessieren, findet er. Doch die Beamten können sich nicht vorstellen, wozu eine drahtlose Verständigung gut sein könnte.

Marconi geht deshalb nach England und beantragt dort am 2. Juni 1896 ein Patent auf seine Vorrichtung. Schon bald funkt er über den Ärmelkanal, später sogar über den Atlantik.

Eins, zwei oder drei?

Gleichzeitig mit Popow und Marconi schafft es auch in den USA einer, elektromagnetische Signale durch die Luft zu schicken: der gebürtige Kroate Nikola Tesla. Doch kurz vor dem entscheidenden Versuch hat er Pech. Sein Labor brennt ab, und so kann er erst ein Jahr nach Marconi ebenfalls ein Patent beantragen. Doch  in den USA zweifelt niemand daran: Tesla hat den Rundfunk erfunden. Die Italiener sind überzeugt: Marconi war's, und in Russland wiederum feiert man bis heute den Jahrestag von Popows Petersburger Vorführung als "Tag des Radios". Manche Dinge ersinnen eben tatsächlich mehrere Tüftler zur gleichen Zeit. Sie liegen einfach in der Luft - und zu den Radiowellen passt das ja auch ganz gut.


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