Verteidigung der Wirklichkeit
Die Russen führen keinen Krieg in der Ukraine, nur eine Spezialoperation zur Befreiung der armen Bevölkerung von sich selbst. Donald Trump wurde nicht abgewählt, sondern bestohlen. Und die Erde ist eine Scheibe - und wir sind Gott.
Früher, als das Wünschen noch geholfen hat, konnten wir uns auf harte Fakten einigen. Rot ist rot und unten unten. Heute gehen wir ins Internet und kehren bekehrt zurück - glauben Trump oder Putin und machen uns einen queren Reim auf alles. Wir sind so frei.
Real
Es ist längst bekannt: Was im weltweiten Netz kursiert, muss nicht wahr sein. Oft sind da Trolle am Werk - dienen dem Algorithmus, der von uns will, dass wir uns aufregen. Tun wir dann auch - über den bösen Westen, die noch bösere NATO und das böseste Amerika. Und dort, in den USA, herrschen Mächte, die Wahlen stehlen und die größte Wiederkehr aller Zeiten verhindern wollen.
Irreal
Und wir glauben es? Nicht unbedingt. Aber vielleicht schon. Je nachdem, wie wir so drauf sind. Ob es uns passt, ob es hineinpasst in unseren kleinen Kosmos. Wir lieben die Bestätigung und hassen nichts so sehr wie Widerspruch. Argumente zählen nicht mehr, nur noch Follower und Likes und hasserfüllte Tweets. Millionen Fliegen können nicht irren!
Surreal
Demokratie fußt auf Verständigung. Nicht der Kampf aller gegen aller - oder der einen gegen die andere Seite. Der Kompromiss ist das Maß aller Dinge, auf Basis geteilter Tatsachen. Es war einmal, nicht nur in Amerika... . Sicher, manche Dinge, die man uns glauben machen will, sind einfach lächerlich: Die gestohlene Wahl, die Entnazifizierung der Ukraine. Dabei ist es zum Heulen.
Jazz & Politik, Samstag, 10.9.2022, 17:05 Uhr, Bayern2
- Deformation des Öffentlichen. Aus Menschen, Götter und Maschinen (Wolfgang Huber / Spr.: Axel Wostry)
- Neue soziale Realität? Zum größten Tatsachenverkehrer aller Zeiten (Sebastian Hesse)
- Im Raum der schieren Möglichkeit. Lügen, Raunen, Vergiften (Dominik Kalus)
- Hybrider Krieg um ganz Reales. Aus "Putins Krieg" von Katrin Eigendorf (Sprecherin Katja Schild)
- Abschied vom Vertrauen? Wenn Perspektiven unvereinbar werden (Kristina Kobl)
- Der Troll in uns. Eine Selbstanklage aus "Was das Valley denken nennt" (Adrian Daub / Spr.: Axel Wostry)
Redaktion und Moderation: Lukas Hammerstein
Musikauswahl: Roland Spiegel