Bayern 2 - Hörspiel


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Thomas Harlan: Veit Auszeichnung

Die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste hat "Veit" von Thomas Harlan als "Hörspiel des Monats März 2011" ausgezeichnet. Die BR Produktion wurde am 25.3.2011 auf Bayern 2 urgesendet.

Stand: 04.04.2011

"Veit ist ebenso Höhepunkt wie Abschluss des Werks von Thomas Harlan. Der im Oktober vergangenen Jahres verstorbene Schriftsteller, Filmemacher, politische Aktivist und Nazijäger setzt sich in diesem in vier Tagen im Frühjahr 2010 rauschhaft diktierten Text mit seinem Vater auseinander - dem berüchtigten Erfolgsregisseur Veit Harlan, dessen Machwerk Jud Süß exemplarisch für die antisemitische Hetze der Nazis steht und der nach 1945 nahezu unbehelligt weiter Filme drehen konnte. Das Werk seines ältesten Sohns Thomas resultiert aus einer großen Absetzbewegung: angetrieben von einer tiefen Scham, mehr noch: von einem unbändigen Hass auf seinen Vater, auf die Nazis, die Mitläufer, die deutschen Verhältnisse.

Veit überrascht, irritiert abermals - denn es ist auch ein Text der Zuneigung, ein Lamento für den Vater, ein Werben um Verständnis für die eigene Wut. Gleichzeitig nimmt Thomas Harlan nichts von dieser Wut, nichts von seinem schroffen Antifaschismus zurück. Vielmehr versucht er in immer neuen Anstrengungen sich selber Klarheit zu verschaffen, noch einmal Rechenschaft abzulegen: über die Liebe des Sohnes - seine Liebe -, über die Verlogenheit der Eltern, die ungesühnte Schuld seines Vaters, seine eigene freiwillige, unfreiwillig Verstrickung, die Verantwortung, die er nicht übernehmen muss, die er übernehmen will.

Der Regisseur Bernhard Jugel inszeniert Veit minimalistisch und vermag so, dessen Wucht zu entfalten. Er benötigt keine Meta-Ebene, keine Kommentare, keine Klanguntermalung. Dadurch wirkt der Text nackt - so nackt wie der Autor in seiner radikalen Offenheit - und zugleich präsent, geradezu unausweichlich. Jugel arbeitet heraus, dass Veit ein großer Trauergesang ist, voller Wiederholungen und Redundanzen, die alle nicht die Kluft zwischen Vater und Sohn zu überwinden vermögen.

Kongenial zur Seite steht dem Regisseur der Schauspieler Thomas Thieme. Er interpretiert den Text souverän, aber nicht abgeklärt. Das untergründige Brodeln, die tiefe Verzweifelung, auch die leicht verstörende Lakonik, wenn Harlan über die Unverfrorenheit der Altnazis nach 1945 spricht - all das macht Thieme in seinem nuancenreichen, aber niemals überspannten Vortrag deutlich. Er verleiht dem Text eine Würde, die man bei der Dringlichkeit, die sich in den Wortkaskaden artikuliert, nicht erwartet hätte."

Jurybegründung


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