Bayern 2 - Gesundheitsgespräch

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Hilfe bei Onlinesucht Wohin kann man sich wenden?

Erste Anlaufstellen für Onlinesüchtige sind die Suchtberatungsstellen oder entsprechende Suchtambulanzen. Dort kann eine ausführliche Diagnostik durchgeführt werden um festzustellen, ob wirklich eine Internetsucht vorliegt.

Von: Holger Kiesel

Stand: 27.11.2019

Junger Mann in der Suchtberatungsstelle | Bild: picture-alliance/dpa

Gleichzeitig kann geklärt werden, ob andere psychische Probleme vorhanden sind (Depressionen, Angststörung), ob es weitere soziale Faktoren gibt, die berücksichtigt werden sollten oder ob auch Angehörige therapeutische Unterstützung benötigen. Im zweiten Schritt werden dann konkrete Therapiemaßnahmen besprochen.

Entzug bei Onlinesucht

Genau wie bei stoffgebundenen Suchtformen haben auch Onlinesüchtige häufig Entzugserscheinungen. Diese können sich in Form von (im Einzelfall auch sehr extremen) Aggressionen (gegen sich selbst oder andere) oder Depressionen zeigen. Deswegen ist ein kalter Entzug (also das radikale, plötzliche Absetzen des Suchtmittels) hier eher nicht zu empfehlen.

Folgeschäden durch Onlinesucht

Im Gegensatz zu stoffgebundenen Suchtformen produziert die Onlinesucht deutlich weniger körperliche Folgeschäden. Allerdings kann es auch hier – in sehr seltenen Fällen - so etwas wie eine Überdosis geben, in Form eines tödlichen Zusammenbruchs vor dem Rechner (z.B. in Folge von Schlaf- und Flüssigkeitsmangel).

Behandlung von Onlinesucht

Gruppentherapie ist die wichtigste Behandlungsform bei Onlinesucht. Offen über ihre Probleme reden zu können und zu wissen, dass sie damit nicht alleine sind, hilft den Betroffenen, auch weil andere Süchtige häufig sehr ehrlich in ihrer Verhaltensanalyse sind. Ist die Kontrolle über die eigene Internetnutzung zurückgewonnen, folgt dann oft eine Einzel-Psychotherapie, um mögliche tieferliegende Ursachen der Sucht abzuklären und den Alltag wieder sinnvoll zu strukturieren. In schweren Fällen wird auch stationär behandelt.

Selbsthilfegruppen für Onlinesüchtige

Beim Thema Selbsthilfegruppen im Bereich der Onlinesucht besteht durchaus noch Nachholbedarf. Unter www.rollenspielsucht.de findet sich eine Übersicht der bestehenden Gruppen und eine Liste mit Interessierten, die gerne solche Vereinigungen gründen würden.

Zeit wieder sinnvoll gestalten

Ein wichtiger Ansatz in der Behandlung von Onlinesucht ist es, den Betroffenen positive Anregungen zu geben, wie die Zeit, die bislang vor dem Computer oder dem Smartphone verbracht worden ist, wieder sinnvoll genutzt werden kann. So kann zum Beispiel mit Hilfe von Sport der Bezug zum eigenen Körper wieder hergestellt werden.

Versäumtes nachholen

Auch sollte geklärt werden, ob versäumte Dinge wie ein aufgrund der Sucht verpasster Schulabschluss oder eine abgebrochene Ausbildung möglicherweise nachgeholt werden können. Helfen kann auch soziales Kompetenztraining, etwa um vernachlässigte Kontakte wieder aufzufrischen oder neue Freunde zu finden. Auch eine Familien- oder Paartherapie ist manchmal ratsam, um das engere Umfeld zu stärken oder wiederaufzubauen.

Medikamente bei Onlinesucht

Internetsüchtige haben oft noch weitere psychische Problematiken wie etwa eine Angststörung, ADHS oder eine schwere Depression. Häufig ist auch die Kombination mit einer stoffgebundenen Sucht (Alkohol, Tabletten). Deshalb kommen in der Behandlung durchaus öfter Antidepressiva zum Einsatz. Medikamente, die direkt auf die Onlinesucht wirken könnten, wurden bislang nicht gefunden.

Onlinesucht ist heilbar

Die gute Nachricht: Internetsucht kann vollständig überwunden werden. Aber: in schweren Fällen von Cybersexsucht oder Online-Spielsucht sollten die Betroffenen zur Sicherheit lebenslang auf ihr Suchtmittel verzichten, da auch diese Form der Sucht dauerhaft in die Biologie des Gehirns eingreifen kann.


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