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Rheuma behandeln Therapie bei Rheumaerkrankungen

Rheuma ist meist nicht heilbar. Aber Rheuma kann meist sehr gut behandelt werden. Die moderne Rheumatherapie kann mitunter so gut sein, dass der Patient die Krankheit kaum noch merkt.

Von: Katharina Hübel

Stand: 11.10.2021 | Archiv

Logo einer Apotheke | Bild: picture-alliance/dpa

"Es gibt heutzutage einige Medikamente, die sehr gut wirken gegen die Entzündung im Körper und damit auch gegen die Symptome einer entzündlichen Rheumaerkrankung, wie z.B. die Arthritis. Leider weiß man nicht vorher, bei welchem Patienten welche Medikamente helfen. Die Chance, dass ein Medikament wirkt, ist in der Regel bei 60 bis 70 Prozent gegeben. Bei manchen Patienten muss man einige Medikamente durchprobieren. Doch letzten Endes können wir heutzutage das realistische Ziel ausgeben, dass wir die Entzündungsreaktion beim Patienten vollständig ausschalten wollen."

Prof. Hendrik Schulze-Koops, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie

Viele Patienten können mit einer gut eingestellten Medikamententherapie Rheuma in den Griff bekommen. Die Frage ist, ob sie ein Leben lang die Medikamente weiter nehmen müssen, wenn die Entzündung vollständig verschwunden ist. Derzeit werden weltweit Kriterien dafür entwickelt, bei welchen Patienten es vorstellbar wäre, die Medikamente wieder abzusetzen, und bei welchen es eher riskant wäre, die medikamentöse Therapie zu beenden. Noch herrscht darüber keine Klarheit. Allerdings zeigt die Statistik, dass nach zwei Jahren fünfzig Prozent der Patienten, bei denen die Medikamente abgesetzt wurden, wieder Arthritis-Symptome hatten.

"Ehrlicherweise sollte man davon ausgehen, dass die meisten Patienten die Medikamente lebenslang nehmen müssen. Allerdings kann man wohl zumindest Phasen ausprobieren, in denen die Medikamente nicht genommen werden müssen." Prof. Hendrik Schulze-Koops, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie

Kortison

Als erste Maßnahme, um die Entzündungsreaktionen zu blockieren, wird in der Regel niedrig dosiertes Kortison für wenige Wochen Dauer verschrieben. Meist ist die maximale Dosis 20 bis 30 mg am Tag über drei bis sechs Wochen.

"Kortison ist das beste Medikament gegen Entzündungen. Ohne geht es nicht. Es ist wie das Wasser der Feuerwehr: Da können Sie noch so viel Angst haben, dass durch Wasser letztendlich ganz viele Kollateralschäden in dem zu löschenden Haus entstehen. Erstmal muss das Feuer gelöscht werden, und das können wir in der Medizin mit nichts besser machen, als mit Kortison. Aber wir sind heutzutage niemals mehr gut beraten, Kortison langfristig einzusetzen, das dürfen wir auch gar nicht. Zum einen, weil wir die Nebenwirkungen des Kortisons genauso fürchten, wie die Patienten das auch tun, und wir wissen auch, dass der Einsatz einer Kortisontherapie über mehr als sechs Monate bei ganz, ganz wenigen Erkrankungen überhaupt noch sinnvoll ist. Aber Kortison ist für uns kein Teufelswerk, sondern eine Wundersubstanz, die wir dann einsetzen, wenn es wirklich brennt im Patienten."

Prof. Hendrik Schulze-Koops, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie

Wenn der Patient binnen der ersten drei Wochen nach erstmaligem Auftreten der Symptome Kortison bekommt, kann es sogar sein, dass die Arthritis gar nicht erst chronisch wird.

Basistherapeutika

Der schnelle und kurze Einsatz von Kortison ist auch deshalb notwendig, weil die so genannten Basistherapeutika für Rheuma erst nach vier bis sechs Wochen überhaupt wirken. Beginnen sie zu wirken, kann das Kortison ausgeschlichen werden. Seit vielen Jahrzenten werden die Basistherapeutika eingesetzt. Seit 1988 ist das am häufigsten verwendete Medikament, das Methotrexat, für die Behandlung rheumatischer Erkrankungen zugelassen. Neben dem Methotrexat gibt es eine ganze Reihe anderer Medikamente, die das Ziel haben, die Aktivität des Immunsystems einzudämmen.

Methotrexat ist auch aus der Tumortherapie bekannt. Dort wird das Medikament allerdings in der fünfhundertfach erhöhten Dosis eingesetzt. Bei Rheuma werden in der Regel 15 bis 25 mg pro Woche in einmaliger Dosierung gegeben. Damit kann man die Erkrankung bei 40 bis 60 Prozent der Patienten soweit beruhigen, dass die spontane Entzündung nicht mehr stattfindet, bei vielen sogar überhaupt nicht mehr im Blut nachweisbar ist.

Biologika/Biologicals

Seit Anfang des Jahrtausends gibt es einige Medikamente, die gezielt in das Immunsystem eingreifen. Diese so genannten „Biologika“ sind biologisch hergestellte Eiweiße. Sie funktionieren ähnlich wie Antikörper gegen Viren, nur, dass sie sich speziell gegen Bestandteile aus dem Immunsystem richten. Dadurch wird das Immunsystem heruntergefahren, die Immunantwort wird blockiert, die gegen körpereigene Strukturen abläuft.

"Die Biologika haben die Therapie der Immunreaktionen revolutioniert, damit kann man die falsch ablaufenden Immunreaktionen sehr gut in den Griff kriegen." Prof. Hendrik Schulze-Koops, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie

Signaltransduktions-Inhibitoren (oder –hemmer)/Januskinase-Inhibitoren

Seit März 2017 ist eine ganz neue Generation von chemischen Rheuma-Medikamenten in Deutschland zugelassen worden. Sie greifen gezielt in die immunologische Signalübertragung ein.

"Die Zellen müssen immer miteinander kommunizieren, damit eine Immunreaktion stattfindet. Diese Kommunikation muss vermittelt werden, und da greifen diese neuen Medikamente ein, sie stören diese Kommunikation."

Prof. Hendrik Schulze-Koops, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie

Physikalische Therapien

Zusätzlich zur medikamentösen Therapie schaffen auch physikalische Maßnahmen Erleichterung:

  • Bei entzündlichem Rheuma mit überwärmten und manchmal geröteten Gelenken ist Kältetherapie sehr hilfreich. Kältetherapien können Umschläge oder Kaltluft sein.
  • Bei Verschleißerscheinungen hilft Wärme: Hier ist es gut, die Muskeln durch Wärme zu entspannen.

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