Bayern 2 - Dossier Politik


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Nachruf auf Bayern 2 Helmut Kohl - Ende eines Lebens mit Macht

Deutsche Einheit, europäische Einigung, CDU-Spendenaffäre: Helmut Kohl wurde unterschätzt, gelobt, angefeindet, geehrt. Er hat alle Höhen und Tiefen der Politik durchlebt. Nun ist der frühere Bundeskanzler und CDU-Chef im Alter von 87 Jahren gestorben. Eine Sendung von Jakob Mayr.

Von: Jakob Mayr

Stand: 08.09.2017 | Archiv

Helmut Kohl | Bild: picture-alliance/dpa

Helmut Kohl war am längsten Regierungschef in der Bundesrepublik. Er hat Deutschland in die Wiedervereinigung geführt und sich erfolgreich für die gemeinsame Währung in der Europäischen Union eingesetzt. Er hat aus der CDU eine moderne Volkspartei gemacht und seine Partei im Zusammenhang mit der Spendenaffäre in ihre bisher tiefste Krise gestürzt. Er hat alle Höhen und Tiefen eines Lebens mit Macht durchlebt und durchlitten: lange unterschätzt, hoch gelobt, angefeindet und schließlich wieder geehrt. Jetzt ist der frühere Bundeskanzler und CDU-Chef gestorben.

Sondersendung auf Bayern 2

Bayern 2 schaut zurück auf das Leben von Helmut Kohl. Seine einstigen Weggefährten und Freunde kommen zu Wort - darunter Horst Teltschik, Bernhard Vogel, Jean-Claude Juncker und Stephan Holthoff-Pförtner, aber auch anfängliche Partner, die später zu Kritikern wurden - wie Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf.

Die Stationen eines spannenden und dramatischen Lebens: Kindheit im Krieg, seine Amtsführung in Mainz und Bonn, die Besonderheiten des „Systems Kohl“, der Weg zur Einheit, Außenpolitik auf pfälzisch, Kohls Verdienste um die europäische Einigung, der tiefe Fall des Spendensammlers, der Herbst des Patriarchen und die späte Würdigung.

Was Wegbegleiter und Freunde über Helmut Kohl sagen

Was haben einstige Weggefährten und Vertraute über Helmut Kohl gedacht und gesagt? Wie sah Helmut Kohl seine Rolle als Politiker?

Kohl über Kohl

Helmut Kohl über seine Kindheit

"Ich komme aus einem Elternhaus, das man bei uns in der Pfalz oder im Süddeutschen als stockschwarz bezeichnet - ein katholisch-national geprägtes, sehr demokratisches Elternhaus. Wer wie ich in einer solchen Familie aufwächst, in einer Stadt mit absoluter SPD-Mehrheit, der ist [...] vom Virus des Sozialismus nicht befallen."

Helmut Kohl über seine Ehefrau Hannelore Kohl, geb. Renner

"Meine Frau ist meine Tanzstundendame. Sie war mit ihren Eltern in den Landkreis Ludwigshafen gekommen. Sie waren bettelarm. Sie hatten alles verloren. Meine Laufbahn - mein ganzes Leben - wäre ohne meine Frau [...] nicht denkbar gewesen. Ich wäre mit Sicherheit ohne meine Frau nicht Bundeskanzler geworden."

Helmut Kohl als junger Ministerpräsident über die Macht

"Ein Politiker, der nicht Macht haben will, ist entweder ein Heuchler oder ein Heiliger. Letzteren findet man relativ selten. Oder er hat die Qualifikation eines Jagdhunds, den Sie zur Jagd tragen müssen."

Helmut Kohl konnte anderen nicht einfach nur zuarbeiten

"Dies ist nicht meine große Stärke. Wenn ich etwas anpacke, dann will ich es selbst anpacken."

Helmut Kohl im Oktober 1982 nach seiner Wahl zum Bundeskanzler

"Wenn wir uns auf diese geistig-moralische Kraft besinnen, bin ich sicher, werden wir’s schaffen!"

Helmut Kohl am Tag nach dem Mauerfall, 1989, in Berlin

"Heute ist ein großer Tag in der Geschichte dieser Stadt. Und heute ist ein großer Tag in der deutschen Geschichte. Wir haben ihn herbeigesehnt!"

Helmut Kohl am 28. November 1989 im Bundestag

"Wie ein wiedervereinigtes Deutschland schließlich aussehen wird, das weiß heute niemand. Dass aber die Einheit kommen wird, wenn die Menschen in Deutschland sie wollen, dessen bin ich sicher!"

Helmut Kohl über Europa

"Wir lassen uns in unserem Einsatz für Europa nicht beirren. Deutschland ist und bleibt unser Vaterland. Und das vereinte Europa ist unsere gemeinsame Zukunft."

Helmut Kohl nach der verlorenen Bundestagswahl 1998

"Helmut Kohl wird bleiben wie er ist. Ich denke, er wird Ihnen noch eine Weile erhalten bleiben. Nicht indem er Memoiren schreibt, das überlasse ich anderen, sondern indem ich gelegentlich zur Verfügung stehe mit meinem ganzen unwiderstehlichen Charme, den Sie in den vielen Jahren erlebt haben."

Helmut Kohl zur CDU-Spendenaffäre, konkrete Namen nennt er nicht

"Ich habe damit gegen das Parteiengesetz verstoßen. Ich bedauere dies sehr, das war ein großer Fehler!"

Helmut Kohl fühlt sich in der Spendenaffäre von der CDU im Stich gelassen

"Wenn man oben ist - das gehört zur Macht - hat man ein bestimmtes Umfeld. Wenn man nicht mehr oben ist, dann gehen die Leute weg."

Helmut Kohl entwöhnt sich von der Macht

"Ich habe etwas gegen Denkmäler, wenn ich dabei in Erscheinung trete. Wenn das Denkmal eingeweiht ist und alle Ehrengäste verschwunde sind, dann kommen zuerst die Tauben und setzen sich auf den Kopf. Und dann kommen die Hunde. Was sie jeweils tun, ist bekannt."

Helmut Kohl 20 Jahre nach dem Mauerfall

"Ich hab' nichts Besseres als auf die deutsche Einheit stolz zu sein."

Wegbegleiter über Kohl

Bernhard Vogel über Helmut Kohls Umgang mit Vertrauten

"Richtig ist, dass er Leuten sehr weitgehend vertraute. Wehe, wenn er enttäuscht wurde! Dann konnte das auch in sehr große Distanz umschlagen."

Kurt Biedenkopf über Kohls Führungsstil

"Er ist ein Politiker, der die Machtstrukturen, die ein Politiker braucht, sehr stark personal absichert. Der sich sehr stark auf seine Intuition verlässt. Dem strategisches Denken eher suspekt ist - weil er Strategien als Selbstbindung empfindet. Und der eine Situation, wenn sie eindeutig nach einer Klärung verlangt, klärt."

Heiner Geißler hält im September 1989 CDU-Chef Kohl für zu mächtig

"Wehe der CDU als Volkspartei, wenn die Vielfalt der Persönlichkeiten, ihres Könnens und ihrer Ideen in der Bevölkerung nicht mehr sichtbar werden würden."

Horst Teltschik, einst Kohls außenpolitischer Berater, über die Unterstützer der Wiedervereinigung

"Das war ja eine der größten Stärken von Bundeskanzler Helmut Kohl: sehr enge Beziehungen - und das weltweit - aufgebaut zu haben. Wir hatten das volle Vertrauen des amerikanischen Präsidenten und sind von Anfang an von Präsident Bush Vater rückhaltlos unterstützt worden. Und der zweite Vorteil war: Nach mehreren Gesprächen zwischen Bundeskanzler Kohl und Präsident Gorbatschow war auch da ein Vertrauensverhältnis."

Sprechchöre, die Helmut Kohl bei seinen Auftritten 1989/90 gefeiert haben

"Helmut, Helmut!"

Jean-Claude Juncker, einst Ministerpräsident von Luxemburg, über Kohls Europapolitik

"Ich habe ihn agil, träge, missmutig, grantig, fröhlich [...] erlebt - und habe immer wieder festgestellt: Wenn er sich entscheiden musste zwischen sofortigen nationalen Vorteilen und mittelfristigen gesamtkontinentalen Vorteilen - er hat immer auf die europäische Karte gesetzt. Auch wenn ihm dies oft innenpolitischen Ärger einbrachte."

Wolfgang Schäuble muss wegen der Spendenaffäre als CDU-Chef gehen und gibt Kohl die Schuld

"Vielleicht war es kein Machtkampf. Vielleicht ist es einfach nur eine Intrige. Es war schon eine ziemlich ordentliche Intrige. Ich sage mal, mit kriminellen Elementen."

Stationen seines Lebens


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