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Zum 250. Geburtstag Neue Bücher zu Jean Paul

Biografien, Textausgaben, Lesebücher: Zum Jean-Paul-Jahr sind zahlreiche Neuerscheinungen zu Leben und Werk des fränkischen Dichters herausgekommen. Der Diwan stellt ausgewählte Titel vor und gibt Lese-Empfehlungen.

Published at: 5-3-2013 | Archiv

Jean Paul in einer zeitgenössischen Darstellung | Bild: picture-alliance/dpa

Im Sommer 1792 schickt ein 29-Jähriger, der als Erzieher und Hofmeister arbeitet und einige Satiren geschrieben hat, ein Manuskript an einen bekannten Schriftsteller. Dieser wickelt einen dicken Stoß Papier aus schwarzem Wachstuch aus, beginnt zu lesen - und ist begeistert: "Das ist noch über Goethe", soll er ausgerufen haben, "das ist ganz was Neues!"

Der exzessive Schreiber

Der Text, dem dieses Lob galt, ist der Roman "Die unsichtbare Loge" von Jean Paul, der beeindruckte Leser Karl Philipp Moritz, Verfasser des "Anton Reiser". Dass er sich auf Goethe bezieht, kommt nicht von ungefähr: Der Weimarer Dichterfürst ist schon zu Lebzeiten zum Klassiker geworden, zum Maß vieler Dinge in der deutschen Literatur. Und nun kommt ein Unbekannter und schlägt tatsächlich einen neuen Ton an - einen dezidiert nicht-klassischen Ton, wenn man so will.

Sein Roman um Erziehung, Freundschaft und Liebe schweift ab, macht verschiedene Ebenen auf, lässt den Autor eingreifen, Stellung beziehen, ja sogar mitspielen. Das große Prosa-Panorama wird nicht zu einem schlüssigen Ende geführt, sondern bleibt Fragment, trotzdem wird es im Verlag des Schwagers von Karl Philipp Moritz veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet der Autor, in seiner Berufung zur Schriftstellerei bestätigt, bereits an einem neuen Buch: "Hesperus". Und diese ausgefuchst konstruierte und anspielungsreiche, zugleich sehr gefühlvolle Geschichte von fünf Fürstensöhnen, von Hofintrigen, Leidenschaft und Eifersucht wird unerwartet populär: ein Bucherfolg wie Goethes "Werther". Der Verfasser ist über das Echo selbst verwundert - und schon beim nächsten Projekt. Dieser Johann Paul Friedrich Richter, der sich Jean Paul nannte, war ein besessener Schreiber - und er arbeitete auch weiter, als sein plötzlicher Ruhm wieder verblasste. Sein Werk ist sperrig und eigen, angesiedelt zwischen Aufklärung und Romantik, Ironie und Empfindsamkeit, für Zeitgenossen und Nachwelt also nicht leicht einzuordnen.

Biografien, ein Leben in Reisen, Stichworte zu Jean Paul

Günter de Bruyn

Immer noch ausgesprochen lesenswert ist die Biografie von Günter de Bruyn. Sie würdigt das Werk des "wildesten und witzigsten Erzählers der Goethezeit" als Zeugnis einer ungewöhnlichen poetischen Freiheit und stellt es in den historischen Zusammenhang seiner komplexen Epoche zwischen Revolution und Restauration. Aus der Feder eines Biografen, der selbst Schriftsteller ist, wird daraus eine anregende Lebenserzählung, die nun in einer überarbeiteten Neufassung vorliegt.

Unter den neueren Biografien zu Jean Paul ist der gerade erschienene Band von Beatrix Langner zu nennen. Die Publizistin und Literaturkritikerin gibt ihrem Band den Untertitel "Meister der zweiten Welt". Damit ist Jean Pauls frühe Beschäftigung mit dem Unbewussten gemeint, das er "zum ersten Mal in poetischen Ziffern vermessen" habe. Langner nennt den Autor deshalb emphatisch einen "Kolumbus der zweiten Welt, dem keine wissenschaftliche Akademie ein Denkmal errichtet hat." Helmut Pfotenhauer, Germanistik-Professor in Würzburg, Herausgeber der nachgelassenen Handschriften und von 1997 bis 2007 Präsident der Jean-Paul-Gesellschaft, geht in seiner Biografie von Pauls Bemerkung aus: "Ich bin nicht der Mühe werth gegen das was ich gemacht." Folgerichtig beschreibt Pfotenhauer das Leben des Schreibbesessenen, der sich wie kein anderer Autor seiner Zeit ausschließlich als Schriftsteller verstanden habe, über Stationen des Schreibens, über dessen Impulse, Krisen, Umbrüche und Durchbrüche.

Ein besonderes Genre hat Dieter Richter, bis 2004 Professor für Kritische Literaturgeschichte an der Universität Bremen, zur Annäherung an den Schriftsteller gewählt: Er erzählt das Leben Jean Pauls in seinen Reisen - von der ersten Wanderung des kleinen Fritz Richter von Joditz, wo er mit seiner Familie wohnte, zu den Großeltern nach Hof bis zur letzten Reise des alten Dichters, mit der er in Nürnberg Heilung für seine Augenkrankheit suchte. Die besuchten Orte reichen von A wie Aalen bis Z wie Zwickau. Ein anderes "Abecedarium" legt der Autor Bernhard Setzwein zum Jubiläum vor: "Jean Paul von Adam bis Zucker". In alphabetisch geordneten Stichwort-Artikeln erschließt Setzwein die Welt des Jean Paul, Illustrationen dazu liefert Christian Thanhäuser.

Neue Bücher zu Jean Paul - eine Auswahl

Günter de Bruyn


Günter de Bruyn
"Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter. Eine Biographie"
Überarbeitete Neufassung
352 S., S. Fischer Verlag

Langner


Beatrix Langner
"Jean Paul. Meister der zweiten Welt. Eine Biographie"
608 S., Verlag C.H. Beck 2013

Pfotenhauer


Helmut Pfotenhauer
"Jean Paul. Das Leben als Schreiben. Biographie"
512 S., Hanser Verlag 2013

Richter


Dieter Richter
"Jean Paul. Eine Reise-Biographie"
144 S., mit Abbildungen
Transit-Verlag 2013

Setzwein/Thanhäuser


Bernhard Setzwein / Christian Thanhäuser
"Jean Paul von Adam bis Zucker. Ein Abecedarium"
mit Holzschnitten und Federzeichnungen von Christian Thanhäuser
264 S., Haymon Verlag 2013

Im Büchermagazin Diwan stellt Cornelia Zetzsche neue Bücher zu Jean Paul vor und gibt Empfehlungen, Samstag, 9. März 2013, 14.05 Uhr (Wiederholung 22.05 Uhr), Bayern 2.


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