Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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Die ekstatische Wahrheit Der Filmemacher Werner Herzog

Am 5. September wird Werner Herzog 75. Moritz Holfelder, der Herzogs Karriere über zwei Jahrzehnte hinweg beobachtet und begleitet hat, zeichnet ein Porträt des passionierten Filmemachers, der immer bis ans Ende geht - und dann noch weiter.

Author: Moritz Holfelder

Published at: 2-9-2017 | Archiv

Werner Herzog in Berlin während der 65. Internationalen Filmfestspiele (2015) | Bild: picture-alliance/dpa/Tim Brakemeier

"Ich, Herzog Werner, geboren 1942, sage, dass sich Wahrheit, eine bestimmte, tiefere Schicht von Wahrheit, nur erreichen lässt durch Stilisierung und Inszenierung und Erfindung. Ich nenne es die ekstatische Wahrheit."

(Werner Herzog)

"Vom Gehen im Eis"

Der nahe der österreichischen Grenze im bayerischen Sachrang aufgewachsene Werner Herzog glaubte schon immer daran, die Wirklichkeit beeinflussen zu können: Ende 1973 wanderte er in 22 Tagen von München nach Paris, um die schwer kranke Filmkritikerin Lotte Eisner zu besuchen und damit, in seinem Verständnis, vor dem Tod zu retten. Tatsächlich lebte die Eisner noch weitere zehn Jahre. Über seinen Fußmarsch schrieb Werner Herzog das Buch "Vom Gehen im Eis".

"Werner Herzog Eats His Shoe"

1977 wettete der Filmemacher mit seinem amerikanischen Kollegen und Freund Errol Morris, dass dieser es nie schaffen würde, seinen ersten Dokumentarfilm „Pforten des Himmels“ fertig zu stellen. Herzogs Wetteinsatz war das Versprechen, seine Schuhe zu essen. In dem Kurzfilm "Werner Herzog Eats His Shoe" sieht man, wie er die verlorene Wette einlöst.

"Cooking with Werner"

Die kleine Dokumentation „Werner Herzog Eats His Shoe“ von Les Blank kursiert seit der Einlösung der Wette auf Festivals und im Internet. Sie zeigt, wie Werner Herzog seine Schuhe kocht, mit guten Gewürzen, und dann tatsächlich einen Schuh verspeist. - Der seinen Schuh verspeisende Werner Herzog animierte den amerikanischen Komiker William Maier zu der Internet-Kochshow „Cooking With Werner“. Maier selbst spielt alle Rollen. Wie zu erwarten, ist der deutsche Regisseur auch im Dschungel unterwegs – auf der Suche nach speziellen Zutaten für ein ausgefallenes Gericht. Ohne eine existentielle Dimension geht es einfach nicht.

"Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein"

Klaus Kinski (1982)

Der bayerische Regisseur hat sich in allen seinen Filmen immer mit der Hybris der Menschen auseinandergesetzt, vor allem mit der eigenen. Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein. Eigentlich geht es immer um Werner Herzog selbst, um seinen subjektiven Blick auf die Welt, den im Spielfilm sein Alter Ego Klaus Kinski am radikalsten verkörpert hat, und der im Dokumentarfilm darin besteht, Vorkommnisse, Personen und ihre Aussagen bisweilen sogar frei zu erfinden. Scheiß auf die Authentizität. Werner Herzog spricht in diesem Zusammenhang von der ekstatischen Wahrheit.

"Kaum ist ein Film fertig, dringen wie Einbrecher in der Nacht neue Projekte auf mich ein. Und ich, Herzog Werner, muss mit ihnen ringen und kämpfen und sehen, wie ich sie aus dem Haus herausbekomme. Oder als Filme auf die Leinwand."

(Werner Herzog)

Filmografie (Auswahl)

1963 Herakles
1971 Auch Zwerge haben klein angefangen
1971 Land des Schweigens und der Dunkelheit
1974 Jeder für sich und Gott gegen alle
1976 Herz aus Glas
1977 Stroszek
1979 Nosferatu
1979 Woyzeck
1982 Fitzcarraldo
1984 Wo die grünen Ameisen träumen
1988 Cobra Verde
1991 Schrei aus Stein
1997 Little Dieter Needs to fly
1999 Mein liebster Feind
2001 Invincible
2003 Rad der Zeit
2004 The White Diamond
2004 Grizzly Man
2005 The Wild Blue Yonder
2006 Rescue Dawn
2007 Begegnungen am Ende der Welt
2009 Bad Lieutenant
2009 My Son, My Son, What Have Ye Done
2011 Die Höhle der vergessenen Träume
2012 Death Row
2012 Jack Reacher
2016 Salt and Fire


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