Jean-Paulianer Die treuesten Fans eines kauzigen Genies

"Nichts ist dauernder als der Wechsel"
"Jahrhunderte ziehen hinab, die Jahreszeiten rollen vorüber, es wechselt die Witterung des Glücks; die Stufen des Alters steigen auf und steigen nieder. Nichts ist dauernder als der Wechsel."
Schöne Worte, gravitätische Worte. Sie stammen von Ludwig Börne, der so etwas wie ein Marcel Reich-Ranicki des frühen 19. Jahrhunderts war. Gesprochen hat er sie während einer Gedenkrede auf den Dichter Jean Paul, wenige Tage nach dessen Tod am 14. November 1825. Und zu einer Prophezeiung, was das Gelesen- und Geliebtwerden des hochgeschätzten Schriftstellerkollegen betraf, ließ sich Börne auch noch hinreißen:
"Er, Jean Paul, steht geduldig an der Pforte des zwanzigsten Jahrhunderts und wartet lächelnd, bis sein schleichend Volk ihm nachkomme."
Er war ein Bestseller-Autor der Goethezeit
Heute hat Jean Paul nur mehr wenige Leser. Dabei war er ein Bestseller-Autor der Goethezeit. Doch seine wilde fantastische Literatur voll der wunderlichsten Abirrungen macht es dem Publikum heute schwer. Nur mehr die besten Leser, so scheint es, finden zu ihm.
Privates Jean-Paul-Museum in Joditz
Bernhard Setzwein, selbst Autor einer Jean-Paul-Monographie, hat einige besonders enthusiasmierte Leser besucht. So etwa das Ehepaar Schmidt, das im kleinen fränkischen Dorf Joditz ein privates Jean-Paul-Museum betreibt. Von hier aus startet auch ein über 200 Kilometer langer Jean-Paul-Wanderweg, der bis nach Bayreuth führt, jener Stadt, in der der Dichter seinen Lebensabend verbrachte und in der auch heute noch einige besonders rührige Jean-Paulianer leben.
Er wusste "das Tolle neben dem Schönen" zu bannen
Ob er sich das je hätte träumen lassen, damals in seiner Rollwenzelei? Das ehemalige Wirthaus vor den Toren Bayreuths steht noch immer, die Stube, in der der Dichter schrieb, ist im Originalzustand erhalten, dank der idealistisch gestimmten Familie Sommer, die dort lebt. Der Münchner Künstler Hartmut Riederer hat nicht nur einen 165-teiligen Zyklus von Radierungen zu Jean Paul geschaffen, sondern er versucht seit Jahren auch als Rezitator einem staunenden Publikum die ungeheuren Bandwurmsätze des gefährlichen Idyllikers nahezubringen. Aus diesen und noch weiteren Erzählungen bester Jean-Paul-Leser entsteht das Bild eines faszinierenden Autors, der - laut Rolf Vollmann – "das Tolle neben dem Schönen" zu bannen wusste wie kein zweiter.