Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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Der Moog und die Mayas Florian Fricke und seine Band Popol Vuh

Die heutige Ausgabe unseres Feuilletons ist einem Stück Popgeschichte "made in Bavaria" gewidmet. Es geht um den Musiker Florian Fricke und die Band Popol Vuh, deren Klanggemälde den großen Filmen von Werner Herzog eine ganz besondere Aura verliehen. Der Autor unserer Sendung heißt - nicht ganz zufällig - ebenfalls Florian Fricke. Folgen Sie ihm auf seiner Spurensuche im Alpenvorland und in der Münchner Krautrockszene.

Author: Florian Secundus Fricke

Published at: 11-10-2014 | Archiv

Modularer Moog-Synthesizer aus den 1960er Jahren | Bild: picture-alliance/dpa; Montage BR/Claudia Eichhorn

"Es sind Bilder und Töne, die sich mir ins Gehirn gebrannt haben. Ich hörte und sah sie als Schüler auf einem kleinen Schwarzweiß-Fernseher in meinem Jugendzimmer. Sie stammen aus Werner Herzogs Vampirfilm 'Nosferatu' von 1979. Zu den schaurig schönen Naturaufnahmen aus der Partnachklamm bei Garmisch, die für Transsylvanien herhalten musste, ertönt eine unheimliche, und dennoch betörende Musik. Ein Chor singt nicht mehr als zwei Töne, eine Oboe liefert beunruhigende Dissonanz. In dieser Musik war für mich die ganze Atmosphäre dieses Horrorfilm-Remakes konzentriert: zurückgenommen, minimalistisch, keine Gänsehaut, eher subkutane Wirkung. Klaus Kinski als blutleerer Dracula, ein trauriger Untoter, der märchenhaften Isabella Adjani in Sehnsucht verfallen. Wenn das Heer der Ratten über Wismar herfällt, weiß man, dass das Ende nahe ist. Erst sehr viel später fand ich heraus, dass die Filmmusik von der Münchner Gruppe Popol Vuh stammt."

(Florian Secundus Fricke)

Popol Vuh, benannt nach der Schöpfungsgeschichte der Mayas

Florian Fricke, geboren in Lindau, studierte in Freiburg und München Klavier und Komposition - zeitweise lebte er auch in Miesbach. Er war der Gründer und das Herz der Band Popol Vuh, benannt nach der Schöpfungsgeschichte der Mayas. Als einer der wenigen deutschen Musiker, die den großen Moog besaßen, einen Ur-Synthesizer von riesigen Ausmaßen, zählt er zu den Pionieren der elektronischen Musik in Deutschland. Der ausgebildete Konzertpianist hatte sich von Klassik und Jazz abgewandt, weil er sich von den Konventionen und Regeln dieser Genres eingeengt fühlte. Nach der Moog-Phase schrieb er legendäre Filmmusiken für Werner Herzog - u. a. zu hören in "Aguirre, der Zorn Gottes", "Fitzcarraldo" und "Nosferatu" - und nahm mit der nun weitestgehend akustischen Band viele LPs auf, die alle einen tiefen mystischen Bezug erkennen lassen.

"Florian war ein Magier: Es waren zwei Magier. Werner war ein Magier und Florian."

(Bettina von Waldhausen)

Freiheitsliebend, kreativ, selbstzerstörerisch

Wer aber war dieser Klangmagier Florian Fricke, der 2001 früh verstarb? Was hat ihn angetrieben zur Suche nach neuen musikalischen Welten? Und inwieweit ist er ein typisches Kind der 60er und 70er Jahre, freiheitsliebend, kreativ, mit erweitertem Bewusstsein - und doch selbstzerstörerisch?

"Das darf man halt alles auch nicht so leichtfertig nehmen: net sporteln, nur saufen und rauchen und sagen 'who the fuck'. Da kriegt man irgendwann den Zettel vom Körper. Der war ja schon eine Drecksau zu sich. Ich glaube nicht, dass er sich wirklich geliebt hat. Er hat vergessen, dass er ein Mensch ist. Oder er wollt kein Mensch mehr sein. Als Mensch muss man halt sterben."

(Renate Knaup)

"Er hätte Freude, wenn er jetzt so manches sehen würde, auch wie seine Arbeit jetzt anerkannt ist. Das ist immer wieder erstaunlich, weil er ja nun schon eine Weile weg ist, und nachdem er gestorben war, kamen von überall E-Mails, aus Russland, aus Polen, aus Japan - das hätte niemand erwartet. Also er am allerletzten."

(Bettina von Waldhausen)


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