Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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Es geschah in den Lechauen Vom Wildfluss zum Energielieferanten

Marita Krauss erzählt von durchsetzungsstarken halbstaatlichen Energieunternehmen und widerständigen Bauern, von fortschrittsverliebten Planern und aufmerksamen Verschönerungs-Vereinen, von künstlichen Seen und toten Fischen, von Energienot und Naturschutz. Oder: Wie ein Wildfluss zum Energielieferanten wurde. Eine ökologische Exkursion an den Lech.

Von: Marita Krauss

Stand: 02.02.2013 | Archiv

Das Lechwehr am Kuhsee bei Augsburg | Bild: picture-alliance/dpa

Der Lech, ein Wildfluss, bewegte sich einmal in einem breiten Flussbett voller Wasserrinnen und Kiesbänke, durch enge Schluchten, weite Heidelandschaften und Auwälder. Er prägte eine der schönsten Landschaften des Voralpenlandes. Bereits im 19. Jahrhundert begann man ihn zu begradigen, Ufer zu befestigen, Moore trockenzulegen, um Überschwemmungen zu verhindern und Ackerland zu gewinnen. Doch dann grub sich der Fluss immer tiefer in sein Bett. Querverbauungen nützten nicht viel. Die Anrainergemeinden waren vom ersten Wasserkraftwerk in Gersthofen begeistert, brachte es doch die ersehnte Elektrifizierung - und Arbeitsplätze, denn es wurde gleich auch eine Chemiefabrik dazu gebaut.

Die Ressourcen schienen unbegrenzt

Der Lech von der Quelle bis zur Mündung

Der Ausbau des Lechs für die Elektrifizierung, genutzt zunächst vor allem für die Beleuchtung, begann in Tirol: In Reutte baute eine Spinnerei und Weberei bereits 1887 zwei vom Lech angetriebene Aggregate, um die Firma elektrisch zu illuminieren, und 1901 entstanden - ebenfalls in Tirol - das E-Werk der Firma Siemens-Schuckert am Plansee-Abfluss zum Lech und bald auch das E-Werk Reutte. An der Isar begannen der Bankier Wilhelm von Finck und der Bauunternehmer Jakob Heilmann Ende der achtziger Jahre mit dem Bau des ersten Stauwehrs unterhalb Baierbrunns. 1894 genehmigte das Bezirksamt Augsburg den Bau eines Wasserkraftwerks am Lech bei Gersthofen, nördlich von Augsburg. Im gleichen Jahr wurden auch die Isarwerke gegründet; Oskar von Miller war für die Technik zuständig.

Die Isarwerke stießen jedoch bald auf den heftigen Widerstand des „Isartalvereins“, der unter der Leitung des Architekten Gabriel von Seidl für den Schutz der Naturschönheiten des Isartales kämpfte. Das blieb weit und breit die einzige Initiative. Ansonsten war die Zustimmung zu Industrialisierung und Elektrifizierung groß, an die ökologischen Folgen dachte niemand: Das Machbare galt als wünschbar, die Ressourcen schienen unbegrenzt.

Prädestiniert als Stromlieferant

Spaziergänger schauen von einer Brücke in den Lech

Noch bis in die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts konnte der Lech dennoch seinen Charakter weitgehend bewahren, obwohl es immer wieder groß dimensionierte Pläne gab, den Fluss umfassend zu nutzen, wenn möglich gleich in einem Kanalsystem verbunden mit Walchensee, Ammersee und Wertach. Mit einem Höhenunterschied von über 1400 Metern von der Quelle zur Mündung schien er den Elektrifzierern prädestiniert als Stromlieferant. Doch die Skeptiker in den Behörden blieben zurückhaltend. Das änderte sich, als der Staat selber zum Energieunternehmer wurde und als vor der Energienot der Nachkriegszeit auch die Naturschützer kapitulierten. Inzwischen ist der einstige wilde Lech eine Seenkette, der ehemals „schnell Fließende“ ist mit 24 Staustufen der am stärksten verbaute Fluss Bayern. Dagegen gab es heftige Proteste. Im Zeichen neuer Begehrlichkeiten der Energiewende flammen sie wieder auf.

Energienot und Naturschutz

Marita Krauss erzählt von durchsetzungsstarken halbstaatlichen Energieunternehmen und widerständigen Bauern, von fortschrittsverliebten Planern und aufmerksamen Verschönerungsvereinen, von künstlichen Seen und toten Fischen, von Energienot und Naturschutz.


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