Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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Birra con spirito Bayerische Schaumschlägereien

Am 2. Juli 1990, vor 30 Jahren also, kam es zu einem legislativen Akt, der etwas festschrieb, das in Bayern schon seit Jahrhunderten galt. Dieses Datum nämlich markiert die gesetzliche Festlegung des Reinheitsgebotes im Rahmen der deutschen Bierverordnung.

Von: Thomas Kernert

Stand: 11.07.2020 | Archiv

"Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde …"

"Es werde Licht"

"Dass Bier eine flüssige Form des Lichts sei, wurde wiederholt schon festgestellt. Dass Gott seine Finger bei der Erschaffung sowohl des Lichtes und der Erde als auch des Bieres im Spiel hatte, ebenfalls. Neben den drei gängigen, leider nur mehr rudimentär überzeugenden Gottesbeweisen, dem kausalen, dem teleologischen und dem ontologisch-kosmologischen, verfügt in säkularisierten Kreisen heute alleine der alkoholisch-kulinarische noch über eine gewisse spontane Überzeugungskraft. Er lautet, kurz und knackig:


'Bier ist der Beweis, dass Gott existiert, uns liebt und will, dass wir glücklich sind!'

Was freilich nicht heißen muss, dass Bier von Anbeginn des Universums in reinster, urbayerischer Form vorhanden gewesen wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Wie die meisten irdischen Dinge kann auch Bier sehr, sehr fehlerhaft, sehr, sehr schlecht, sehr, sehr eckig sein. Erst 'con spirito' wird daraus eine runde, eine gottgefällige Sache."

(Thomas Kernert)

"Hätt’ Adam ein Glas Bier besessen, hätt’ er den Apfel nie gegessen"

Bayern und das bayerische Bier - eine Beziehung von ganz besonderer Güte, die nicht immer mit dem Geist des Reinheitsgebots in Einklang steht, gleichwohl über jeden Zweifel erhaben ist.

Bier war und ist in Bayern nicht nur Lebenselixier, sondern auch ein Treibstoff mit hochexplosiven Qualitäten, der Stammtischparolen und Bierzeltreden befeuert, Durst und Leben einen wohlschmeckenden Sinn verleiht und vor Sünde und Hölle bewahrt: "Hätt’ Adam ein Glas Bier besessen, hätt’ er den Apfel nie gegessen."

Ohne Bier wäre BaIERn kein Nomen für eines der schönsten Gefühle weltweit, sondern lediglich eine beliebige Präposition.

Allerlei Spekulationen über den Geist des Bieres

Ottfried Fischer beim Anzapfen auf der Wiesn 2004

Mit anderen Worten: Seine prickelnde Konsistenz macht es zur perfekten Grundsubstanz für Schaumschlägereien aller Art.

Ganz in diesem Sinn taucht Thomas Kernert tief in die schönste Blume Bayerns ein und lässt sich von ihr zu allerlei Spekulationen über den "spirito", den Geist des Bieres hinreißen, der idealiter nicht aus der Flasche, sondern (ideal)literweise aus dem Fass kommt.

Allgemein gilt: Die einzig wahre Krone Bayerns ist die Schaumkrone!


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