Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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Der Pfarrer Bayerische Berufungen und Instanzen

Ganz gleich, ob er nun der Gemeinde die Leviten liest oder seinen Schäfchen ein guter Hirte ist, in Bayern zählt der Pfarrer seit jeher zu den hochwürdigen Instanzen, gehört er doch zu Gottes Bodenpersonal ... und zum öffentlichen Leben wie die Kirche zum Dorf.

Von: Andreas Pehl

Stand: 07.12.2019 | Archiv

"A Pfarrer, im optimalen, positiven Sinn, des is a Mensch, mit dem I erstens amal wirklich redn kann, mit dem I mi austauschen kann, wenn I Vertrauen zu eam haben kann, dann über alles Mögliche redn kann, was mir nahe geht, der hat was Barockes, was Liberales, was Barmherzigs. Und er muaß singa kenna."

(Christoph Well)

"Gelobt sei Jesus Christus!"

Der legendäre Jachenauer Pfarrer Josef Conrad

Ein würdiger Gruß für eine hochwürdige Instanz. Denn ohne den Pfarrer ist oder war ein Dorfleben in Bayern kaum möglich. Sein Aufgabenfeld war schon immer sehr umfangreich, es beinhaltet Religionsunterricht, Seelsorge, Sterbebegleitung, Wetterprognose, Beratung in persönlichen und politischen Fragen – der Pfarrer war für so ziemlich alles zuständig.

Bei mancher Sonntagspredigt ist der eine oder andere sicher zusammengezuckt, spätestens wenn die gewilderte Gams, die ledige Mutter oder das falsche Kreuzerl auf dem Stimmzettel von der Kanzel aus Allgemeingut wurden. Denn das Beichtgeheimnis ist zwar heilig, doch wer um alle Fehltritte seiner Schäfchen weiß, der hat auch eine ganz gewaltige Macht im Dorf.

"Da Pfarrer war dann in da Hauptschul‘ aa da Religionslehrer. Da oane war strenger, da andere ned so streng. I woaß no, da unsere, der hat wahnsinnig schee vazoin kena. Der Religionsunterricht, das waren einfach Erzählungen von wia da Jesus kloa war und wie er rumkraxelt is aaf de Baam und wie er Bach gstaud hat und ois, was mia hoid aa gmacht ham."

(Christoph Well)

Der Einfluss des Pfarrers auf das Dorfleben ist auch heute noch spürbar

Die bayerische Kultband Biermösl Blosn mit Christoph Well (l.-r.), Hans Well und Michael Well

Ehen wurde vom Pfarrer angebahnt oder verhindert, die Geschicke von Familien und ganzen Dörfern von den Geistlichen geprägt – und das nicht nur im katholischen Altbayern.

Das Pfarrerklischee ist so gefestigt, dass in einem Lied der Biermösl Blosn die Frage aufgeworfen werden kann: "Herr Pfarrer, i bin am window gwen, wos werd mit meiner software gschehn?"

Viel hat sich verändert, doch der Einfluss des Pfarrers auf das Leben im Dorf ist heute immer noch spürbar. Schließlich ist ein Fest ohne Pfarrer und Feldmesse nur "a halbe Sach". Trotzdem: richtig leicht haben es die Arbeiter im Biergarten des Herrn mit uns hirschfänger- und haarnadelbewehrten Schäfchen nie gehabt. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

"Die Kirch in Bayern hat immer noch eine unglaubliche Macht über die Menschen. Und deswegen is des natürlich a bsonderer Beruf – I moan, a Metzger is aa a bsonderer Beruf, wenn er Fleisch guad obaschneidt mit Liebe und Hingabe, dann schmeckt des Fleisch besser. Und genauso is, wenn der Pfarrer a Predigt hoit und steht ned dahinter und mag de Leid ned, dann kannst‘ das aa verreibn. Is einfach nix."

(Christoph Well)


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