Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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"Autor sein dagegen sehr!" Leitfaden für zukünftige Literaten

Jeder dritte Deutsche soll ein literarisches Manuskript in der Schublade liegen haben. Unvorstellbar! Sind wir etwa ein Volk der heimlichen Dichter und Denkerinnen? - Wie aber trennt sich der edle Weizen von der gemeinen Spreu? Wie wird man ein „echter“ Schriftsteller? Wie eine ernst zu nehmende Dichterin? Die Antwort klingt banal. Es muss erheblich mehr zusammenkommen als ein übervolles Herz und ein leeres Blatt Papier.

Von: Justina Schreiber

Stand: 29.06.2013 | Archiv

Schreibende Hand | Bild: picture-alliance/dpa

Sie erhalten Kunstförderpreise, Stipendien und Einladungen zu Auftritten in Literaturhäusern oder Volkshochschulen. Die Jurys loben ihre Milieuschilderungen, ihre poetische Kraft und ihre sensiblen Beschreibungen. Aber werden die jungen Poeten und aufstrebenden Autorinnen davon satt? Und wie geht es weiter nach den ersten Erfolgen? Manche setzen alles auf die Karte der Dichtkunst in der Hoffnung, dass eines Tages der große Durchbruch kommt. Andere gehen lieber auf Nummer sicher und wählen einen bürgerlichen (Zweit-)Beruf. Alle eint das Klinkenputzen bei Agenten, Verlagen und Veranstaltern. Auf was kommt es dabei an? Auf gutes Marketing, eine starke Persönlichkeit oder doch "nur" auf schriftstellerisches Talent? Die Antwort wird wohl lauten: Nur wer "es" geschafft hat, kennt den richtigen Weg.

Justina Schreiber begleitet bayerische Debütantinnen und Debütanten bei ihren oft mühsamen Versuchen, sich einen Namen in der Literaturszene zu machen.

Der Weg zum Erfolg war keine Schnellstraße

Petra Morsbach

Petra Morsbach kann heute vom Schreiben leben. Aber der Weg zum Erfolg war keine Schnellstraße. Neben ihrer Tätigkeit als Regisseurin stellte sie mit 39 Jahren das Manuskript ihres ersten Romans fertig. Der Titel: "Plötzlich ist es Abend".

"Ich schickte es allen Verlagen, alle Verlage lehnten ab. Und dann schickte ich drei Seiten an Hans Magnus Enzensberger, den ich nicht kannte, und der rief dann an und sagte: er möchte mehr lesen und dann hat er mich an den Eichborn Verlag vermittelt. Also, es gibt ja nur einen Hans Magnus Enzensberger, wenn’s den nicht gegeben hätte, und wenn ich nach all den Absagen nicht noch das riskiert hätte, dann wär es auch aus gewesen. Es hängt so oft an einem seidenen Faden. Dann mit meinem nächsten Buch, das auch am Untergehen war, das kam in das literarische Quartett. Alle Verleger drückten ihre Bücher in das literarische Quartett, meins wurde aus irgendeinem Grund genommen und war unter vieren in der Vorweihnachtszeit das, das am besten wegkam. So viele Glücksfälle ..." (Petra Morsbach)

"Wenn man es spannend erzählt, sind sie alle dabei"

Gert Heidenreich

Gert Heidenreich darf sich mit Fug und Recht Schriftsteller nennen. Seit 2011 ist er Direktor der Abteilung Literatur der Bayerischen Akademie der schönen Künste. In seinem nun beinahe 70-jährigen Leben hat er zahlreiche Theaterstücke, Essays, Romane, Gedichte, Hörspiele, Theaterstücke, Biographien und zuletzt sogar Krimis verfasst.

"Ich weiß, dass ich frühzeitig ein großes Interesse an Geschichten hatte, wenn ich unterm Tisch saß und Familienmitglieder erzählten einander, aber natürlich auch an Märchen und Sagen und so weiter. Das haben aber eigentlich alle Kinder. Wenn man es spannend erzählt, sind sie alle dabei. Ich hab mit 10 Jahren angefangen, kleine Gedichte zu schreiben und dann mit elf ein Theaterstück, merkwürdigerweise in Versen. Aber ich hab wirklich ein gutes halbes Jahr daran gearbeitet, das auch schon mit der Schreibmaschine dann abgetippt und mich dabei überhaupt nicht als Schriftsteller gefühlt, sondern ich hab gedacht: es ist eine schöne Beschäftigung, ich mach das jetzt einfach. Ich hab allerdings sowieso sehr viel für mich alleine mich aufgehalten, viel gemalt und Hörspiele gehört; damals bekamen wir vom Hessischen Rundfunk sehr gute Sendungen rein, in Darmstadt. Das hat sicher auch dazu beigetragen, die frühen Hörspiele von Günter Eich, Ingeborg Bachmann und anderen. Als ich dann anfing, sogenannte Erwachsenenbücher zu lesen, waren das Theaterstücke: Tennessee Williams, damals ein ganz, ganz uns aufregender Autor, John Osborne, Arthur Miller. Also, es gab offenbar, wenn ich das jetzt mal abkürze, eine Art von Neugier, und es gab wohl auch eine Idee davon, dass man mit der Sprache und mit der eigenen Phantasie, sich Räume erzeugen kann, die unbegrenzt sind, in denen mir auch keiner was vorschreiben kann. Also sich hineinphantasieren und das mit Sprache für sich ausdrücken, das ist vielleicht aus einem Freiheitsbedürfnis entstanden. Ich wollte aus der Situation, in der ich war, - ich bin Jahrgang 44 - , das heißt also, in zerstörten Städten aufgewachsen, und aus diesen Bedingungen mich zu befreien, eine Art Eskapismus, wenn Sie so wollen, das war möglicherweise ein starker Motor, mir eigene Welten zu erfinden." (Gert Heidenreich)


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