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Das große Fest des Lebens Im Kampf mit dem Puritanismus: Sandra Paretti

"Wie gerne habe ich mit Euch Feste gefeiert, und doch, Ihr erinnert Euch, war ich immer die erste, die verschwand. Lange, bevor die Kerzen herunterbrannten und die Musik verstummte. Auch das große Fest des Lebens verlasse ich mitten im Walzer. Zu dem ich eigentlich durch Frühlingswiesen und Vergissmeinnicht-Nächte bis ins Jahr 2000 tanzen wollte - zur 'schönen blauen Donau' ..." (Sandra Paretti)

Author: Joseph Berlinger

Published at: 15-8-2020 | Archiv

Sie wusste, wovon die Masse gerne träumte, und lieferte generös den Stoff: Machenschaften und große Gefühle der Reichen und Schönen. Ihre Romane erreichten eine Gesamtauflage von 30 Millionen. Die Kritiker rümpften die Nase und nannten sie den weiblichen Konsalik. Sie selbst empfand sich als "Kunstgewerblerin". Eine Unterhaltungsschriftstellerin ohne kritischen Anspruch.

Oszillierend zwischen Bewunderung und Hass zur Mutter

Sandra Parettis Mutter Maria Schneeberger

Aber die sich mondän inszenierende Sandra Paretti, die eigentlich Irmgard Schneeberger hieß, konnte auch anders.

Mit ihrem autobiografischen Bekenntnisbuch "Das Echo deiner Stimme" schuf sie nicht nur ihrer Mutter ein Denkmal, sondern auch sich selbst.

Oszillierend zwischen Bewunderung und Hass versuchte sie ihrer Mutter auf die Spur zu kommen, die in patriarchalischen Zeiten einen frühen, ganz eigenartigen Feminismus praktizierte. Die nicht wusste, ob sie ihren Mann liebte oder hasste. Die ihre Ehe als Verdummungsprozess sah. Die sich immer unter Kontrolle hatte, als ob die ganze Welt ihr unablässig zuschaute. Die ihre Tochter, die spätere Schriftstellerin, verhörte und ausspionierte. Die in puritanischem Eifer auch sie zur Puritanerin erziehen wollte, um sie vor den bösen Männern zu schützen. Was nicht gelang – und irgendwie doch.

"Für keine Frau gibt es den Richtigen"

Sandra Paretti lebte vorwiegend allein. Sie behauptete ihre Unabhängigkeit, als wollte sie das einlösen, wozu ihre Mutter nicht den Mut hatte.

Die Sätze dieser Mutter hallten wie ein warnendes Echo in ihr nach: "Für keine Frau gibt es den Richtigen", "Eine Frau, die liebt, gibt alles auf", "Alle Frauen haben ein verpfuschtes Leben" …

Ihr Tod - eine pathetische Inszenierung

Sandra Paretti 1975 in ihrem Haus am Zürichsee

Joseph Berlinger recherchierte in Regensburg, Weiden, München und Zürich. Auf der Suche nach Sandra Paretti. Und Irmgard Schneeberger. Die sich 1994, unheilbar an Krebs erkrankt, von der Sterbehilfeorganisation Exit Gift geben ließ.

Ihr Todeslager - ganz in Silber und Brokat - und ihre Todesanzeige waren von jenem Pathos, mit dem sie die Masse beglückte: "Das große Fest des Lebens verlasse ich mitten in dem Walzer, zu dem ich eigentlich durch Frühlingswiesen und Vergissmeinnicht-Nächte bis ins Jahr 2000 tanzen wollte - zur 'schönen blauen Donau'."

Buchtipp:

"Das Echo deiner Stimme"
Autor: Sandra Paretti
Gebundene Ausgabe: 207 Seiten
Verlag: Droemer Knaur
Auflage: 1. Auflage (1980)
ISBN-10: 3704310794
ISBN-13: 978-3704310798

Werke von Sandra Paretti

  • Rose und Schwert (1967)
  • Lerche und Löwe (1969)
  • Purpur und Diamant (1971)
  • Marlott 1970 (wieder als Clubausgabe in Anthologie von 1982: Das Beste von Konsalik ... u.a.)
  • Der Winter, der ein Sommer war (1972), verfilmt 1976
  • Die Pächter der Erde (1975)
  • Der Wunschbaum (1975), verfilmt 2004
  • Das Zauberschiff (1977)
  • Maria Canossa (1979)
  • Das Echo deiner Stimme (1980)
  • Paradiesmann (1983)
  • Märchen aus einer Nacht (1985)
  • Südseefieber (1986)
  • Tara Calese (1988)
  • Laura Lumati (1988)
  • Mein Regensburger Welttheater (1989)
  • Im Nixenkahn der Donau (1996)

Broschüre "Suizidprävention" File format: PDF Size: 220,09 KB


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