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Missionierung heute Sabrina Windemuth – Missionarin auf Zeit

Die Hochzeit der christlichen Missionierung ist vorbei. Doch es gibt auch heute noch Freiwillige, die ihren Glauben in die Welt tragen. Zum Beispiel Sabrina Windemuth, die als Missionarin auf Zeit nach Ruanda gereist ist.

Von: Tania Palamkote

Stand: 04.06.2019 | Archiv

Sabrina Windemuth ist 22 Jahre alt und studiert in Regensburg Energietechnik. Die gebürtige Münchnerin erzählt mit leuchtenden Augen, wieso sie bei "MissionarIn auf Zeit" - kurz: MaZ - teilgenommen hat.

Junge Menschen gehen als Missionare auf Zeit ins Ausland

MaZ ist ein Projekt, bei dem junge Menschen ins Ausland gehen und bei einer Ordensgemeinschaft und Gemeinde leben. Insgesamt 16 Orden werden auf der Webseite von MaZ aufgelistet. Sabrina hat sich nach dem Abitur für das MaZ-Programm der Pallottinerinnen entschieden und ist 2014 nach Ruanda gereist. Damals war sie 18. Es ist also schon fünf Jahre her, dennoch erzählt sie ihre Geschichte so lebendig, als wäre sie erst gestern wieder aus Ruanda zurückgekommen.

"Es war ein großer Schritt, für so lange so weit weg zu gehen. Meine Familie hatte natürlich auch Angst um mich, ich könnte ganz arg krank werden und das könnte ganz schlimm werden. Die waren sich sicher, dass es gut ist, was ich mache und dass ich dort geborgen sein kann, aber das war natürlich schon ein großer Schritt, vor allem nach dem Abitur auch zu gehen, wenn alle Freundeskreise auseinandergehen und jeder sein eigenes Ding macht. Ich habe mich aber total darauf gefreut, weil wir so eine tolle Vorbereitung hatten. Wir haben mit einem Team von den Pallotinerinnen, von zurückgekehrten Freiwilligen und ein paar Hauptamtlichen ganz viele Themen besprochen und bearbeitet und bespielt in Workshops, haben viel Musik gemacht, viel gequatscht und dadurch bin ich in der Zeit der Vorbereitung in meiner Persönlichkeit total gewachsen und dann habe ich mich total drauf gefreut, einfach loszugehen."

Sabrina Windemuth, Missionarin auf Zeit

Zurückkehren war schlimmer als nach Ruanda zu gehen

In Ruanda hat Sabrina Windemuth in einer Ordensgemeinschaft mit acht Schwestern zusammengelebt. Sie war in einer Vor- und Grundschule, hat dort den Lehrern zugearbeitet, im Sekretariat ausgeholfen, Zeugnisse abgetippt, Schulfeste organisiert und in der Grundschule die Bücherei betreut. Ein Teil ihres Herzens ist in Ruanda verwurzelt, sagt Sabrina. Sie strahlt und lacht, während sie von ihrem Tagesablauf dort erzählt. Besonders ein Gottesdienst ist ihr in Erinnerung geblieben, da es an dem Tag so stürmisch war, dass es zu einem Stromausfall in der Kirche kam. Nach solch einer intensiven Zeit fiel es der jungen Missionarin auf Zeit nicht leicht, wieder gehen zu müssen.

"Die Rückkehr war viel schlimmer vom Kulturschock her, als nach Ruanda zu gehen. Denn als ich nach Ruanda gegangen bin, habe ich gedacht: Jetzt wird alles anders. Und als ich von Ruanda wieder zurückgekommen bin, habe ich gedacht, ich kenne ja alles. Aber ich hatte mich total umgewöhnt in ganz vielen Aspekten. Ich war total überfordert von dem Konsumrausch, den es hier gibt. Von Supermärkten, wo es sieben unterschiedliche Sorten Ketchup gibt, die alle unglaublich viel Geld kosten und alle kaufen irgendwelche Sachen, die sie gar nicht brauchen. Das war zum Beispiel ein ganz großer Punkt, der mich schockiert hat."

Sabrina Windemuth, Missionarin auf Zeit

Unterstützt wird das Projekt MissionarIn auf Zeit von Missio, dem internationalen katholischen Missionswerk. Missio-Präsident Monsignore Wolfgang Huber beschreibt seine Auffassung des Begriffs Mission.

"Als wir 1838 gegründet worden sind, da ging es darum, dass sich Menschen unter Einsatz ihres Lebens aufgemacht haben, um anderen Menschen in dieser Welt auf anderen Kontinenten eben Lebensqualität vor Ort zu bringen. Das ist der eigentliche, ursprüngliche Missionsbegriff. Ich habe den Glauben empfangen, ich habe ihn als Schatz erlebt, ich teile ihn mit andern und gestalte die Gesellschaft daraus und das ist eigentlich ja zunächst einmal nichts Negatives."

Missio-Präsident Monsignore Wolfgang Huber

Diese Lebensqualität sei wichtig, um die Menschen dort zu unterstützen. Dort, wo es um die Frage von Bildung geht. Oder wo Menschen benachteiligt sind, aufgrund des Geschlechts oder der Glaubensrichtung. Monsignore Huber meint, dass es sich bei der Frage um die Kolonialisierung oder Zwangsmission um eine Fehlform der Mission handele. Bei der Arbeit des katholischen Hilfswerks ginge es um was Anderes.

"Es geht nicht darum, dass man offensiv sagt, diesen Fleck muss ich jetzt unbedingt missionieren. Sondern es geht darum, wie lebe ich als Christ mein Zeugnis, dass es glaubwürdig ist, dass ich authentisch eine Lebensperspektive bieten kann."

Missio-Präsident Monsignore Wolfgang Huber

Das Motto: Mitleben. Mitbeten. Mitarbeiten

Sabrina Windemuth sieht das ähnlich. Es gehe ihr nicht darum, jemanden zu ihrem Glauben zu bekehren.

"Bei MaZ ist das Motto 'Mitleben. Mitbeten. Mitarbeiten.' Und es geht ja nicht darum, jemanden zu missionieren, oder zu sagen: Ich lebe meinen Glauben besonders toll und jetzt zeig’ ich euch mal, wie das geht. Nein. Aber der Missionars-Aspekt ist ein ganz schwieriges Thema, weil es so negativ behaftet ist. Weil früher so viele Sachen passiert sind, die schlecht waren. Ganz viele meiner Freunde haben auch gesagt, boa, wie kannst du nur mit der katholischen Kirche ins Ausland gehen, was machst du eigentlich? Das ist die beste Zeit deines Lebens. Und ich hab's gar nicht so empfunden, dass ich das für die Kirche gemacht habe, sondern ich habe das für mich und die Gemeinschaft gemacht."

Sabrina Windemuth, Missionarin auf Zeit

Die Frage bleibt dennoch: Wieso nennt man es missionieren, wenn es von der ursprünglichen Begriffserklärung – eine Glaubenslehre, besonders das Christentum, unter Anders- beziehungsweise Nichtgläubigen zu verbreiten – abweicht?

"Wir gehen nicht dahin, weil wir denken, dass wir schlauer sind als die anderen. Das ist ganz anders. Wir gehen in ein anderes Land, um von den Leuten zu lernen. Nicht, damit die von uns lernen. Es geht darum, dass man eine Mission hat. Also dass man diese Aufgabe für eine bestimmte Zeit erledigt. Oder lebt. Und deswegen heißt es ja auch Missionar auf Zeit. Weil man eben den Austausch zwischen den Kulturen für eine bestimmte Zeit erlebt. Wenn man einmal so eine Erfahrung gemacht hat, dann ändern sich auch manche Prioritäten und Werte im Leben. Und dann hat man manchmal danach eine andere Weltanschauung als vorher und setzt sich danach für Projekte ein, die man davor vielleicht nicht so gesehen hätte."

Sabrina Windemuth, Missionarin auf Zeit

"Ich bin schon drei Mal in Burkina Faso gewesen. Ich habe dort erlebt, wie in kleinen Dörfern Muslime und Christen miteinander leben, wo es Familien gibt, in denen der Vater Muslim ist und die Mutter Christin und Katholikin, in denen sie sich aber nicht gegenseitig missionieren oder konvertieren wollten, sondern jeder miteinander den Glauben lebt und diesen friedlich lebt. Und da gibt es durchaus auch schöne Programme, bei denen dann eine muslimische Familie eine christliche Familie an einem Wochenende einlädt und umgekehrt, und wo dann eben auch immer wieder gegenseitig erklärt und besser verstanden wird, warum die das eine so oder so machen."

Missio-Präsident Monsignore Wolfgang Huber


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