Resl von Konnersreuth Heilige oder Hysterikerin?
Theres Neumann (1898 - 1962), die Resl von Konnersreuth, polarisiert bis auf den heutigen Tag. War die Frau mit den Christus-Wundmalen an Händen und Füßen eine Heilige oder eine Hysterikerin? Noch läuft ihr Seligsprechungsverfahren.
Als junge Frau fuhr sie mit den Ochsen Mist aufs Feld hinaus. Dann passierte beim Löschen eines Scheunenbrandes ein Unfall. Theres Neumann war gelähmt und wurde bettlägerig. Jahre später plötzlich eine Art Wunderheilung: Es erschien ihr der Heiland und befahl ihr aufzustehen.
Stigmen zeichneten ihren Körper
Blutgetränkte Kleidungsstücke der Theres Neumann, ausgestellt in einer Vitrine in ihrem Geburtshaus in Konnersreuth
Von diesem Tag an dankte Resl von Konnersreuth ihrem Retter damit, dass sie freitags das Kreuzigungsgeschehen mit durchlitt. Stigmen, die Wundmale Christi, brachen an ihrem Körper auf und zeichneten dramatische Blutspuren.
40 Jahre lang nahm sie angeblich keine Nahrung mehr zu sich außer der Hostie.
Die Geschichte der Stigmatisation begann mit Franz von Assisi
Wundersame Geschichten und heiligmäßige Viten sind schon immer Bestandteil der katholischen Glaubenswelt gewesen. Die Geschichte der Stigmatisation zum Beispiel begann mit Franz von Assisi, also im 12. Jahrhundert. Seither sind zirka 100 vom Vatikan anerkannte Fälle bekannt geworden, ganz überwiegend Frauen, bei denen die Wundmale Christi sichtbar wurden.
Nicht nur Kirchengeschichtler interessierten sich dafür, sondern auch andere Wissenschaftler. Der Arzt und Rechtsmediziner Franz Lothar Schleyer zum Beispiel veröffentlichte 1948 eine Zusammenschau mehrerer Stigmatisationsfälle. Der Münchner Facharzt für Psychosomatik, Dr. Otmar Seidl, erläutert Schleyers Ergebnisse:
"Schleyer hat zu seiner Überraschung festgestellt, dass bei allen Fällen, also im Lauf dieser Jahrhunderte, der Ablauf und die Symptomatik immer dieselbe ist. Nämlich eine Kombination von Stigmen mit visionären Zuständen, wobei in diesen Ekstasen die Gestik, die dabei beobachtet und beschrieben wurde, bei allen dieselbe war, mit so einem Ringen der Hände, so ein schraubstockartiges Verbinden der Finger.
Dann konnte man drauf warten, dass früher oder später die Nahrungslosigkeit vorgebracht wurde. Das alles findet sich auch bei Theres Neumann. Das heißt, wer diese früheren Fälle kannte, der konnte eigentlich fast darauf warten, welche Symptome im Einzelnen bei Theres Neumann auftreten würden."
(Dr. Otmar Seidl, Facharzt für Psychosomatik, München)
War sie eine Heilige oder eine Hysterikerin?
Einmal, in den 1920er Jahren, wurde die Oberpfälzerin zwei Wochen lang penibel beobachtet und untersucht. Amtsarzt Dr. Otto Seidl aus Weiden sollte die Resl im Haus ihrer Eltern observieren. Veranlasst hatte das der damalige Regensburger Bischof Franz Anton von Henle, der alles andere als überzeugt war von dem, was ihm berichtet wurde.
Es hieß, Theres Neumann brauche nicht nur keinerlei Nahrung mehr, sie habe nun auch noch die Flüssigkeitsaufnahme eingestellt.
"Mit dem Nicht-essen und Nicht-trinken: Das ist natürlich eine naive dörfliche Vorstellung. Ich muss so jemanden ja aus der gesamten Naturgesetzlichkeit herausnehmen. Also, die hat Körpertemperatur, verliert Wärme, die Entropie muss um-... also es müssen sämtliche Naturgesetze auf den Kopf gestellt werden. Insofern ist diese Person dann wie eine Zeigerpflanze auf einem Habitat."
(Dr. Josef Schneider, Zeitzeuge, Konnersreuth)
Konnersreuth – der perfekte Nährboden?
Tausende Gläubige begleiteten die Beisetzung der Therese Neumann in Konnersreuth. Sie war am 18.09.1962 an einem Herzinfarkt verstorben.
Der Naturwissenschaftler Dr. Josef Schneider, gebürtiger Konnersreuther, hat als Kind die Resl noch selbst erlebt und vergleicht sie mit einer "Zeigerpflanze": Das Aufblühen eines solchen Phänomens wie das der stigmatisierten Bauernmagd sage mehr über das Substrat aus, auf dem es gedeiht, als über die wunderliche Blüte selber.
In Konnersreuth jedenfalls war man der Meinung, der Glaube allein genüge vollauf, wissenschaftliche Nachprüfungen brauche es keine. Daher hatte man auch der Untersuchung von Amtsarzt Dr. Otto Seidl nur sehr widerwillig zugestimmt.
In Bernhard Setzweins Sendung kommt der Enkel des damaligen Amtsarztes Dr. Seidl ebenso zu Wort wie gebürtige Konnersreuther. Sie alle haben noch persönliche Erinnerungen an jene Frau, die einmal Medienphänomen war - und eine Weltsensation.