Bayern 2

radioZeitreisen Der Bergsteiger George Leigh Mallory

Sonntag, 26.05.2013
13:05 bis 13:30 Uhr

BAYERN 2

Der Geist des Chomolungma
Leben und Mythos des legendären Bergsteigers George Leigh Mallory
Von Rainer Firmbach
Als Podcast verfügbar

Am 21. Juni 1924 veröffentlichte die Londoner Times eine telegrafische Mitteilung der 3. britischen Everest-Expedition: "George Mallory und Andrew Irvine beim letzten Versuch am Everest ums Leben gekommen." Ein Expeditionsgefährte hatte die beiden als letzter lebend gesehen: auf etwa 8600 Meter Höhe, am Nordgrat des 8848 Meter hohen Mount Everest, dem Gipfel nah ... Das spurlose Verschwinden der beiden Gipfelstürmer wurde zum Auslöser zahlloser Spekulationen: War es den beiden trotz ihrer vergleichsweise primitiven Ausrüstung gelungen, den höchsten Berg der Erde - den die Tibeter "Chomolungma" nennen: "Göttinmutter der Erde" - zu bezwingen? Lange vor Edmund Hillary und Tenzing Norgay? Der Mythos Mallory war geboren, er war zum "Geist des Chomolungma" geworden ... 75 Jahre später wurde von einer deutsch-amerikanischen Suchexpedition Mallorys Leichnam entdeckt: Eine Frostmumie, schneeweiß wie eine römische Marmorstatue, auf einer Geröllterrasse in 8240 Meter Höhe ins pickelharte Gestein eingefroren. Die Untersuchung des Toten gab der alten Frage neue Nahrung: Waren die beiden Bergsteiger auf dem Rückweg vom Gipfel verunglückt? Denn das Foto von Mallorys Frau, das er bekanntlich auf dem Gipfel hinterlegen wollte, fehlte ...
Vielen galt Mallory schon zu Lebzeiten als Held, verkörperte er doch wie kein zweiter den Typus der britischen Abenteurer, die ihren bisweilen tollkühnen Ehrgeiz hinter der Maske nobler Lässigkeit verbargen und darüber hinaus über einen bemerkenswerten intellektuellen Background verfügten. So gehörte zu Mallorys geistigem Zeitvertreib die "Bloomsbury Group", ein exzentrischer Künstlerzirkel, der sich im Salon der Virginia Woolf zu treffen pflegte. Bis heute gilt der 29. Mai 1953 als Tag der Erstbesteigung des Mount Evererst. Am 3. Juli des selben Jahres, also ebenfalls vor 60 Jahren, stand Hermann Buhl als erster Mensch auf dem Gipfel des Nanga Parbat. Doch George Leigh Mallory personifiziert womöglich ein noch größeres alpinistisches Wagstück …