Bayern 2

     

Bayern - Land und Leute Bayerische Temperamente (3)

Großdemonstration 1992 in der Münchner Innenstadt | Bild: picture-alliance/dpa

Sonntag, 03.06.2012
13:30 bis 14:00 Uhr

BAYERN 2

Temperamente weiß-blau
3) Der Münchner Kessel
Von Thomas Kernert
Als Podcast verfügbar

Beim "Münchner Kessel" handelt es sich um keine Variante der Schlachtschüssel oder des Wurstsalates, sondern um eine Maßnahme zur Belebung der Münchner Innenstadt. In Bayern wurde sie erstmals 1992, also vor exakt 20 Jahren, durchgeführt. Damals versammelten sich etwa 500 zum Teil gewaltbereite Choleriker auf dem Münchner Max-Joseph-Platz, um mit Trillerpfeifen und anderen gefährlichen Lärmgegenständen gegen den Weltwirtschaftsgipfel zu protestieren. Um Gipfel, Ruhe und Ordnung zu schützen, wurden besagte Wutmenschen von Einsatzkräften der Polizei sogleich umzingelt, über mehrere Stunden hinweg eingekesselt und zu guter Letzt in Gewahrsam genommen. Alles verlief sehr harmonisch und rechtsstaatlich, auch wenn sich einige der Choleriker bei den polizeilichen Deeskalationsmaßnahmen nach Angaben des damaligen Polizeipräsidenten "theatralisch" zu Boden fallen ließen.
Zu Varianten des Münchner Kessels kam es in den Folgejahren - wie Thomas Kernert beobachtete - vor allem bei cholerischen Zusammenrottungen gegen die jährlich stattfindende Münchner Sicherheitskonferenz. Presse und Verwaltungsgerichte standen und stehen dem "Münchner Kessel" meist skeptisch gegenüber. Andererseits muss bedacht werden, dass Wut und Zorn im christlich-abendländischen Verständnis zu den "Sieben Hauptlastern" bzw. "Wurzelsünden" zählen und insofern in Bayern nicht geduldet werden können. Oder wie Max Streibl es 1992 klassisch formulierte: "Meine Damen und Herren, jeder muss wissen, wenn er nach Bayern kommt, dass er es mit Bayern zu tun hat!"