Bayern 2

     

Bayern - Land und Leute Louis Stern - Eine Affäre in Bad Kissingen

Bad Kissingen | Bild: picture-alliance/dpa

Sonntag, 25.03.2012
13:30 bis 14:00 Uhr

BAYERN 2

Die Louis-Stern-Affäre (1895)
Spurensuche in Bad Kissingen
Von Thomas Grasberger
Als Podcast verfügbar

Zaren, Kaiser, Könige, Komponisten und berühmte Schriftsteller - sie alle kamen gern nach Kissingen, das seit 1883 den Titel "Bad" führt und schon damals zu den ersten Kur-Adressen der Welt gehörte. Auch der wohlhabende Geschäftsmann und Politiker Louis Stern aus New York reiste im Juni 1895 mit seiner Frau Lisette und seinem 15-jährigen Sohn Melville zu einem längeren Aufenthalt an. Die drei besuchten eine wöchentlich stattfindende Tanzveranstaltung im "Conversations-Saal", eine so genannte Reunion. Als der stellvertretende Badekommissar Freiherr von Thüngen die Sterns darauf hinwies, dass Kinder unter 15 Jahren der Besuch solcher Lustbarkeiten untersagt sei, entgegnete Louis Stern, dass Stern junior bereits 15 Jahre alt sei, was von Thüngen jedoch bezweifelte. Es folgten weitere Reunions, Melville tanzte mit seiner Mutter, der Badekommissar fühlte sich provoziert und verwies den jungen Mann des Saales, was Stern senior erboste. Es kam zum Showdown zwischen dem königlich-bayerischen Beamten und dem reichen Amerikaner, der Prügel androhte. Obwohl sich Stern später schriftlich dafür entschuldigte, bestand von Thüngen auf einer Anzeige. Beleidigung, Androhung von Gewalt, Widerstand gegen die Staatsgewalt - Louis Stern wurde im August 1895 zu einer Gefängnisstrafe von 14 Tagen und einer Geldstrafe von 600 Mark verurteilt.
Doch damit nicht genug. Der Vorfall weitete sich zur Affäre, als antisemitische Blätter gegen den Juden Stern zu hetzen begannen. Liberale Zeitungen hielten dagegen, reiche Amerikaner riefen zum Boykott der Kurstadt auf - Kissingen war plötzlich in aller Munde.
Schüler der Staatlichen Realschule Bad Kissingen haben im Rahmen eines bundesweiten Geschichtswettbewerbs "Die Louis-Stern-Affäre" genauer untersucht. Thomas Grasberger erzählt von der Arbeit der jungen Historiker und von dem Skandal, der bis in höchste diplomatische und politische Kreise hinein wirkte.