Bayern 2

     

Nachtstudio Bis hierher und nicht weiter

Dienstag, 20.04.2021
20:05 bis 21:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Über das Ziehen, Erkennen und Überschreiten von Grenzen
Von Markus Metz
Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

Die Welt ist voller Grenzen, und die meisten von ihnen sind uns selbstverständlich: die Grenzen unseres Landes, die Grenzen unseres Gartens, die Grenzen des guten Geschmacks oder die Grenzen der eigenen Mathematik-Fähigkeiten. Daneben gibt es auch Ereignisse wie das Übertreten oder Ignorieren von Grenzen oder umgekehrt willkürliche Grenzziehungen. Grenzen sichern und sie entzweien, Grenzen ordnen und sie sind ewiger Streitgrund. Das alles scheint so sehr in Geschichte, Sitte und Alltag aufgelöst, dass man vergessen könnte, eine grundsätzliche Frage zu stellen: Was ist das eigentlich, eine Grenze?

Gewiss kann jede Grenze bewertet werden - und die ehemalige deutsch-deutsche Grenze mag ein Musterbeispiel dafür sein, wie man eine Grenze bewertet: Es hängt deutlich vom eigenen Standpunkt dies- oder jenseits des Grenzzaunes ab. Jede Grenze öffnet sich nur, so scheint es, wenn sich dafür eine andere ziehen lässt. Und jede Grenze, die verschwindet, hinterlässt eine Narbe; in der Landschaft bestimmt, als Architektur vielleicht (als Monument wie die große chinesische Mauer zum Beispiel), aber gewiss in den Köpfen. Die Erfahrung mit „unserer“ sehr speziellen Grenze und mit ihren teils immer noch unglücklichen Nachwirkungen ist Ausgangspunkt für eine Assoziationsreise durch Geschichte und Geschichten, Politiken und Kulturen, Erfahrungen und Fiktionen der Grenze.

Grenzen sieht man, Grenzen erfährt man, Grenzen erzählt man und Grenzen erklärt man. Manchmal besingt man sie sogar. Und gewiss spielen Grenzen eine wichtige Rolle in den Träumen. Aber bei alledem bleibt jede Grenze doch vor allem ein widersprüchlicher Ort. Das Drüben soll draußen bleiben und weckt doch Neugier und Sehnsucht. Und jede Grenze ist, wenn auch in sehr unterschiedlichen Mischungen, sowohl Schutz als auch Gefängnis. Grenzen wollen immer zugleich etwas offenbaren und etwas verbergen. Grenzen sind selbstverständlich schwer zu verstehen. Bemerkenswerterweise aber gibt es kaum Vertreter einer Idee des "Grenzenlosen" als Utopie. Wenn überhaupt, dann ist Leben, Denken und Fühlen ohne Grenze im Bereich der Transzendenz angesiedelt. Im richtigen Leben können Grenzen umstritten, ambivalent oder lästig sein, aber auch ein notwendiges Übel gegen Chaos und Unsicherheit. Was wären wir ohne Grenzen?