Bayern 2

     

radioTexte - Das offene Buch Dmitrij Kapitelman: "Eine Formalie in Kiew"

Schriftsteller Dmitrij Kapitelman | Bild: Nadine Kunath

Sonntag, 18.04.2021
12:30 bis 13:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Dmitrij Kapitelman, in Kiew geboren, lebt seit 25 Jahren in Deutschland. Was es heißt, einen deutschen Pass zu beantragen, erzählt er vergnüglich, melancholisch, satirisch in seinem neuen Buch "Eine Formalie in Kiew". Lesung: Shenja Lacher.
Cornelia Zetzsche im Gespräch mit Dmitrij Kapitelman

Dima ist ratlos. Und wütend. Seit 25 Jahren lebt er in Deutschland, "deutsch eingeschult, sozialisiert, studiert, berufstätig, steuerpünktlich, verfassungspatriotisch", wie er sagt, aber noch immer mit seinem ukrainischen Pass und zunehmend im Konflikt mit seinen Eltern, genauer: im Spannungsfeld von Herkunft und Ankunft, dem Katzenreich der Mutter, dem Vater mit dem "Lustig-Lämpchen" und seiner Ich-Suche.

Eineinhalb Jahre dauert es, bis er alle notwendigen Papiere zusammen hat. Die Geburtsurkunde und die notwendige "Apostille" fehlen noch, aber die gibt es nur in Kiew. Dimas Reise wird eine Fahrt in die neue Ukraine zwischen Aufbruch, Vergangenheit und Wunden des Krieges, und in seine eigene Kindheit mit einem Freund wie Rostic.

Dmitrij Kapitelmann erzählt berührend, mit Witz und großer Leichtigkeit von den Schwierigkeiten deutsch-jüdischen Zusammenlebens, von inhumanen deutschen Ausländergesetzen und der Entfremdung innerhalb einer Familie, von Heimat- und Sprachverlust und davon, was Migration mit Menschen macht.

"Eine Formalie in Kiew" ist Autofiktion, ein zärtliches, aber völlig kitschfreies, berührendes, satirisches, ja sarkastisches Buch, die Fortsetzung von "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters", das von der Ankunft als "jüdische Kontingentflüchtlinge", vom Asylantenheim und von rechter Gewalt im Leipziger Plattenbau spricht, von der Annäherung an den fremden ukrainischen-jüdischen Vater und der Suche nach sich selbst.

Dimitrij Kapitelman, 1986 in der Ukraine geboren, kam - wie sein Alter Ego Dima - mit acht Jahren nach Deutschland, zunächst nach Meerane, dann nach Leipzig. Heute lebt er als Autor, Journalist und Musiker Dheema in Berlin.

Lesung: Shenja Lacher
Im Gespräch: Dmitrij Kapitelman
Regie: Eva Demmelhuber
Moderation und Redaktion: Cornelia Zetzsche.

Mit freundlicher Genehmigung des Verlags können wir die Sendung bis 25.04.2021 als kostenlosen Podcast anbieten.